Einwanderungsland Kanada beginnt zu zweifeln
Die Flüchtlingswelle aus den USA und ein Attentat mit mehreren Verletzten schüren Ängste.
Kanada gilt gemeinhin als friedliches und weltoffenes Land. Als das bessere Amerika, wo es nur selten zu Schießereien oder Anschlägen kommt. Doch im Schatten des Massakers von Las Vegas müssen sich dieser Tage auch die Kanadier mit Fragen von Gewalt und Hass auseinandersetzen.
Anlass ist eine Angriffsserie, bei der vergangenes Wochenende in Edmonton fünf Menschen zum Teil schwer verletzt worden sind. Nach Angaben der Polizei hatte ein Asylbewerber aus Somalia mit seinem Wagen zunächst ein Polizeiauto gerammt und danach mehrmals mit einem Messer auf einen Beamten eingestochen. Später hatte er Fußgänger vorsätzlich angefahren.
Es ist nicht der erste Terrorakt in Kanada in jüngster Zeit und sicher nicht der folgenschwerste. Im Jänner hatte ein rechtsextremer Kanadier in einer Moschee in Quebec City sechs Menschen erschossen. Im Oktober 2014 hatte ein kanadischer Konvertit am Mahnmal des unbekannten Soldaten in Ottawa einen Soldaten ermordet und danach im Parlament wild um sich geballert.
In beiden Fällen handelte es sich jedoch um einheimische Terroristen, die sich aus unterschiedlichen Gründen radikalisiert hatten. Im Falle der Terrorakte von Edmonton dagegen wurde ein Mann angeklagt, der als Flüchtling gekommen war und offenbar islamistisches Gedankengut gepflegt hat. In seinem Auto hatte man eine Fahne der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) gefunden. Viele in Kanada fragen sich nun: Wie konnte das passieren? Kam der Mann schon als Radikaler ins Land?
Im Grunde gilt das kanadische Einwanderungssystem als eines der besten der Welt. Einwanderer und Flüchtlinge werden regelmäßig auf Herz und Nieren geprüft, oftmals noch in ihren Heimatländern. Doch bei vielen Kanadiern ist das Misstrauen gegenüber dem eigenen System und den eigenen Behörden gewachsen, seit immer mehr Flüchtlinge illegal aus den USA kommen.
Noch ist unklar, ob der Täter vom Wochenende tatsächlich mit radikalem Gedankengut nach Kanada gekommen war. Premier Justin Trudeau sprach von einem hasserfüllten Terrorakt und betonte, Kanada bleibe ein weltoffenes Land; man werde sich radikalen Tendenzen entgegenstellen. Gleichzeitig steht der Regierungschef wegen der anhaltenden Flüchtlingsströme aus den USA derzeit aber selbst in der Kritik der Opposition.