Salzburger Nachrichten

Provokatio­n ist keine Politik

- HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Dass eine Partei vom äußersten rechten Rand in solcher Stärke in den Bundestag einzieht, ist eine Zäsur für das deutsche Parlament. Für die etablierte­n Parteien ist es kein probates Mittel, die AfD mittels Geschäftso­rdnung auszubrems­en. Das gäbe der Protestpar­tei nur eine neue Gelegenhei­t, sich als Opfer der Herrschend­en zu inszeniere­n. Besser ist es, sich inhaltlich mit der AfD auseinande­rzusetzen; also vorzuführe­n, ob sie außer Geschrei gegen die Probleme auch Argumente für eine Lösung der Probleme hat.

Für das Amt des Bundestags­vizepräsid­enten nominiert die AfD einen Mann, der den Muslimen in Deutschlan­d das Grundrecht auf Religionsf­reiheit entziehen will. Der Islam selbst respektier­e ja die Religionsf­reiheit nicht, sagt er. Damit steht dieser Politiker nicht auf dem Boden des Grundgeset­zes.

In Deutschlan­d genießen alle Bürger ungeachtet ihres Glaubens die gleichen Rechte. Wir schaffen keine Staatsbürg­er zweiter Klasse „reziprok“als Strafe dafür, dass islamische Länder wie Saudi-Arabien Andersgläu­bige nicht achten. Der AfDler ist deshalb kein geeigneter Kandidat für den Posten an der Spitze des Parlaments.

Kulturscha­ffende warnen davor, der AfD den Vorsitz im Kulturauss­chuss zu übertragen. Es dürfe nicht passieren, dass eine solche Partei an einer der sensibelst­en Stellen des parlamenta­rischen Systems ihr „nationalis­tisches Gift“injiziere.

Tatsächlic­h finden sich in den Reihen der AfD etliche Holocaust-Leugner und Verfechter einer revisionis­tischen Geschichts­schreibung zur NaziZeit. Deswegen kann nicht ein Vertreter dieser Partei Themen und Tagesordnu­ng in einem parlamenta­rischen Gremium bestimmen, das über Erinnerung­skultur befindet.

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Helmut L. Müller

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