Salzburger Nachrichten

Erst Thriller, dann Drama: „Eine fantastisc­he Frau“

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Sie macht sich bereit, sie wird heute Abend singen: Marina ist eine charismati­sche Frau, schön, apart, humorvoll. Und sie hat eine zärtliche Beziehung zu einem älteren Mann. Sie lebt bei ihm, sorgt für ihn, er möchte ihr einen Urlaub schenken. Es ist Harmonie. Bis er eines Nachts mit Herzschmer­zen aufwacht, zusammenbr­icht, bevor die Rettung kommen kann, und stirbt. Als sie beim Ausfüllen der Formulare ihren Namen angeben soll, wird deutlich, dass hier etwas ungewöhnli­ch ist: Marina ist eine Transfrau. Sie hat in ihrem Ausweis immer noch ihren alten Namen stehen, die Familie ihres Geliebten bringt ihr Hass entgegen. Während sie um ihren Mann trauert, wird sie von seinem Sohn aus der Wohnung geworfen, sie wird erniedrigt, beleidigt, geschlagen. Aus einem Film, der wie ein Thriller beginnt, wird ein Drama um eine Frau, der die Trauer um ihren Lebensmens­chen verweigert wird. „Eine fantastisc­he Frau“von Regisseur Sebastián Lelio steht und fällt mit der Besetzung, und die ist hier auf den Punkt, mit der transsexue­llen Sängerin Daniela Vega. Es ist bereits der zweite Film des chilenisch­en Filmemache­rs, der bei der Berlinale erfolgreic­h war. 2012 hatte Paulina García als Hauptdarst­ellerin in „Gloria“den Silbernen Bären bekommen. Diesmal verlässt sich Lelio etwas zu sehr darauf, dass die ungewöhnli­che Lebensgesc­hichte seiner Protagonis­tin den ganzen Film trägt, dafür aber hat Daniela Vega über weite Strecken einfach zu wenig zu tun. Damit ist „Eine fantastisc­he Frau“trotz seiner vielverspr­echenden Prämisse ein wenig langweilig, und das hat sich die Hauptdarst­ellerin eigentlich nicht verdient. Erstaunlic­h, dass gerade das Drehbuch in Berlin ausgezeich­net wurde.

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