Das Geld liegt nicht auf der Straße
Als man in Wien/Viyana/Beč Baraber brauchte: Arbeitsmigration aus der Türkei und Jugoslawien.
WIEN. Sie sind längst eingebürgert und selbstbewusste Österreicher. Mit seltsamen Nebenwirkungen allerdings auch, denn wenn man heutzutage in Wien etwa Bewohnern von Favoriten ein Mikrofon unter die Nase hält, gibt es oft Antworten mit südeuropäischem Akzent, die an Fremdenfeindlichkeit nichts auslassen. Die FPÖ fischt nicht umsonst in der serbischen Community heftig Wählerstimmen. Ehemalige „Jugoslawen“, die als Gastarbeiter in Österreich Fuß gefasst haben, wenden sich gegen aktuelle Zuwanderer, die allerdings heute aus anderen Gründen ankommen. 2014 jährte sich zum 50. Mal das Anwerbeabkommen zwischen Österreich und der Türkei, 1965 wurde ein Vertrag mit Jugoslawien abgeschlossen. Und sie kamen, die Arbeitskräfte, die das Land in Zeiten einer glücklichen Entwicklung brauchte, die man „Wirtschaftswunder“nannte.
Das war für viele in Südeuropa Anlass, das „Gelobte Land“Österreich anzusteuern auf der Suche nach Arbeit und besserem Verdienst. Am Südbahnhof angekommen, wurde den Migranten ans Herz gelegt, dass das Geld nicht auf der Straße liege. Der Begriff „Gastarbeiter“drückte schon aus, dass die gesellschaftliche Rolle festgelegt war als temporäre Arbeitskraft, die je nach wirtschaftlicher Lage eingesetzt oder abgebaut werden konnte. Ein rührendes Andenken zeigt die Ausstellung zum Thema Arbeitsmigration in Form eines Emailtopfs. Vasilija Stegič kam im Jänner 1973 aus Rijeka nach Wien. Die technische Zeichnerin fand zunächst in einer Kleiderfabrik Arbeit, von ihrem ersten Lohn kaufte sie sich zwei Riess-Kochtöpfe. Einer davon, beschriftet mit „Siječanj 1973“, ist nun eines der zahlreichen Exponate, die aus einer Sammelaktion ans Museum gelangten. Am Anfang war der Topf, sozusagen.
Die Ausstellung legt – neben aufschlussreichen Videoerzählungen von Zugewanderten – Schwerpunkte auf die Neuankömmlinge und ihre Probleme, sei es mit der Sprache oder mit der Bürokratie, wovon zahlreiche Fotos und Dokumente Belege liefern. Fußball spielte eine große Rolle im sozialen Umfeld, die herzerwärmende Folklore aus der Heimat wurde in Trachten oder durch Gastspiele von jugoslawischen Schlagerstars hochgehalten.
Fotoalben dokumentieren das „neue“Leben mit Wien-Ansichten ebenso wie Hochzeitsbildern und den familiären Stolz beim ersten Baby. Und: Man wohnte in einer Hausmeisterwohnung. Der Klassiker.
Die nie abreißenden Verbindungen in die jeweilige alte Heimat wurden auch politisch sichtbar, wenn etwa 1980 beim Tod Titos sich die Landsleute versammelten oder wenn 1983 Türken gegen die Militärdiktatur in ihrer Heimat protestierten. Irgendwie haben sich die Zeiten doch geändert in Viyana oder in Beč. Ausstellung: