Salzburger Nachrichten

So gewinnt der Bus die entscheide­nde erste Meile

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Der Salzburger Verkehrsex­perte Günther Penetzdorf­er ist wesentlich am Fuschl-Mondsee-Projekt (Fumo) beteiligt. Viel dreht sich dabei um die Frage: „Wie bringe ich die Menschen auf der ersten Meile in den ÖV?“ SN: Wie bringt man Pendler aus dem zersiedelt­en Flachgau in den Bus? Penetzdorf­er: Grundlage ist ein Halbstunde­ntakt über den ganzen Tag in der gesamten Region Fuschlsee Mondsee. Dazu wird momentan in einem Testbetrie­b untersucht, wie Menschen aus der Fläche mit autonom fahrenden Kleinbusse­n die zentralen Buslinien, in dem Fall die Linie 150, erreichen können.

Ein Beispiel, wie das in Zukunft aussehen kann: Ein Bewohner aus der Region will in die Stadt Salzburg fahren. Er weiß, dass er mit der Linie 150 halbstündl­ich in die Stadt kommt. Entscheide­nd ist es jetzt, ihn zu einer Haltestell­e dieser Linie zu bringen. Der autonom fahrende Digibus ist dafür ein attraktive­s Angebot, das sogar finanzierb­ar ist.

Sobald die Technik ausgereift ist, braucht der potenziell­e Fahrgast den selbstfahr­enden Kleinbus nur über ein SMS, eine App oder per Telefon abrufen. In diesem Moment weiß der Bus, dass er fahren soll. Und er wird das tun. SN: Was ist schon Realität und was ist Zukunftsmu­sik? Derzeit kann ein autonom fahrender Bus mit einem Operator an Bord eine genau definierte Strecke abfahren. Der Bus fährt diese Strecke, die dreidimens­ional eingescann­t wurde, millimeter­genau ab. Nach dieser ersten Testphase, die Ende 2017 abgeschlos­sen sein wird, wird in einem fünfjährig­en Folgeproje­kt die Marktreife entwickelt werden. SN: Ist so das Grundprobl­em gelöst, dass man den Fahrgast auf der „ersten Meile“gewinnt oder verliert? In einem stark zersiedelt­en Gebiet wie dem Flachgau lebt der Großteil der Menschen, die die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel nutzen können, nicht an der zentralen Buslinie, sondern in der Fläche. Ein Anschluss an den öffentlich­en Verkehr ist aber nur attraktiv, wenn in fünf Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad eine Haltestell­e erreichbar ist.

Man muss Mobilität in der Region aus den Bedürfniss­en und der Notwendigk­eit der dort lebenden Menschen entwickeln. Daher ist die erste Meile so wichtig! Dort müssen wir die Autofahrer erreichen, denn wer zu Hause ins Auto steigt, fährt damit bis zum Ziel. Aber man kann Mobilitäts­bedürfniss­e vielfältig­er bewältigen: mit Anrufsyste­men für Busse, Sharing und Mitfahrdie­nsten, mit Park-&Rideund Bike-&-Ride-Systemen. Und das muss man mit den heute verfügbare­n digitalen Steuerungs­techniken tun. SN: Sie nennen als ein wichtiges Anliegen, den öffentlich­en Verkehr sichtbarer zu machen. Was ist da zu tun? Viele Angebote im öffentlich­en Verkehr sind derzeit nicht durchschau­bar. Es geht daher um einfache Informatio­nen an einer Stelle, wie idealerwei­se einer digitalen Echtzeitin­formation oder einer – und wirklich nur einer! – Telefonnum­mer, bei der ich rasch Auskunft über Fahrzeiten und -kosten sowie Streckenve­rlauf erhalte, und das nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch. Zur Orientieru­ng sollen an den Haltestell­en Umgebungsu­nd Linienplän­e helfen.

„Der öffentlich­e Verkehr muss einfach sein.“

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Günther Penetzdorf­er, Verkehrsex­perte

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