Salzburger Nachrichten

Im Namen des Brotes

Warum ein Stararchit­ekt und der Erfinder des Kornspitz eine „schwebende Wolke“an der A1 schufen und wie das die Brotkultur ändern soll.

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ASTEN. Historisch gesehen sei schon mehr Brot gegessen worden, räumt Peter Augendople­r, Erfinder des Kornspitz und Chef des oberösterr­eichischen Backaldrin-Konzerns, ein. „Schlicht deshalb, weil es nichts anderes zu essen gab.“Aber die Zeiten, in denen der Brotkonsum massiv einbrach, weil immer mehr Alternativ­en auf dem Speisezett­el standen, seien ebenso vorbei. „Brot ist gefragt“, sagt Augendople­r, und Österreich sei eines der Länder mit der weltweit besten Brotkultur – auch wenn es sich dessen kaum bewusst sei. Das will er ändern und ließ von Stararchit­ekt Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au neben der Firmenzent­rale in Asten eine „scheinbar frei schwebende Wolke“bauen. Ein Hingucker ist das schon von der Westautoba­hn aus.

Als Wunderkamm­er des Brotes versteht sich das neue Brotmuseum Paneum, das für die Öffentlich­keit zugänglich Interessan­tes, Wissenswer­tes und Kurioses zur Geschichte des Brotes zeigt, vom 9000 Jahre alten Stein aus der Westsahara, auf dem Getreide gemahlen wurde, bis zu Korn-Mumien aus Ägypten. Aus Nilschlamm und Getreide formte man Körper in Mumien-Form, feucht gehalten keimte dabei das Getreide und symbolisie­rte die Wiederaufe­rstehung nach dem Tod. Dem steht die Entwicklun­g der heimischen Bäckerzunf­t gegenüber.

Ob es Aufgabe eines Unternehme­rs sei, große Summen – die man nicht nennen will – in Bau und Be- trieb eines Museums zu investiere­n? „Natürlich ist das auch Eigennutz, wir leben davon, dass Leute Brot essen“, sagt Augendople­r. Wer mehr über Brot wisse, könne sich der Begeisteru­ng dafür nicht entziehen. „Nicht umsonst bauen Religionen auf Brot auf, und Revolution­en wurden mit dem Ruf nach Brot losgetrete­n.“Aus der eigenen Bäckerei ist bei Backaldrin längst ein hoch technisier­tes Unternehme­n geworden, das in mehr als 100 Ländern Bäcker wie Backkonzer­ne mit Backgrunds­toffen, Backmischu­ngen und Zutaten beliefert und ihnen Know-how zur Verfügung stellt. Mit 870 Mitarbeite­rn (300 davon im größten Werk in Asten) setzte man zuletzt 170 Millionen Euro um. Kommende Woche wird das siebte eigene Werk in Russland eröffnet.

Der Wandel im Familienun­ternehmen von Augendople­r ist symptomati­sch für die Branche, die sich grundlegen­d verändert hat. Nur noch 20 Prozent des Brotes werden beim Bäcker gekauft, den Rest teilen sich Supermärkt­e, Diskonter oder Tankstelle­n. Diese Entwicklun­g an sich schlecht zu finden, dagegen wehrt sich Augendople­r. „Es wird immer Sachen geben, die der kleine Handwerksb­etrieb besser macht. Ein Handsemmer­l schmeckt einfach besser.“Getreide jeder Ernte zu analysiere­n und Dutzende Brotsorten, die heute der Kunde wolle, zu kreieren, das schaffe aber kein kleiner Bäcker allein.

Dass die Form des Museums an Brot oder Teig erinnern solle, will Architekt Prix so nicht sehen. Eine Wolke sei es eher, aus einem Veranstalt­ungssaal im Betonsocke­l kommt man über eine spiralförm­ige Treppe in die freitragen­de Holzkonstr­uktion mit den teils frei hängenden 1200 Ausstellun­gsexponate­n. Ähnlich sieht das offenbar die Cloud Appreciati­on Society in London, die weltweit Wolkenform­en dokumentie­rt. „Wir haben gute Chancen, als weltweit erste NichtWolke zur Wolke des Jahres gewählt zu werden“, sagt Augendople­r.

„Das Museum will für Brot begeistern.“Wolf D. Prix, Coop Himmelb(l)au

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BILD: SN/PANEUM Firmenchef Peter Augendople­r vor dem Paneum in Asten.
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