Marcel Koller forciert Junge
Der Teamchef baut vor seinem Abschied noch an der Mannschaft der Zukunft mit.
WIEN. Er vertraute seiner Stammelf – dieser Stehsatz wird von der zu Ende gehenden Ära Koller bleiben. Neulinge und hoffnungsvolle Talente hatten es daher naturgemäß schwer in den letzten sechs Jahren, ins österreichische Fußball-Nationalteam zu kommen.
Der späte Marcel Koller musste manche Grundsätze zum Teil über Bord werfen. Nach mehreren Teamrücktritten und nicht zuletzt der aktuellen Flut an Absagen wurde der Schweizer nun unverhofft sogar zum großen Förderer der Jugend. Bei der Vorbereitung auf seine beiden wahrscheinlich letzten Länderspiele gegen Serbien (morgen, Freitag, 20.45, live in ORF eins) und gegen Moldawien (Montag) muss sich Koller beinahe wie bei einer Nachwuchsauswahl vorkommen: Immerhin acht Spieler des ÖFB-Kaders sind noch unter 23 Jahre alt. Die „Teambabys“Hannes Wolf, Kevin Danso, Maximilian Wöber und Philipp Lienhart hätten auch bei U21Teamchef Werner Gregoritsch in der EM-Qualifikation in Russland und Armenien (Freitag und Dienstag) spielen können.
Wird der baldige Ex-Teamchef gar im letzten Abdruck noch zum Fürsprecher der Jugend und zum Architekten des Teams der Zukunft? Oder setzt er nun auf die Neulinge, weil es nichts mehr zu verlieren gibt? Eine Antwort hat Koller möglicherweise schon vor einem Monat gegeben. „Man muss in die Zukunft schauen. Ich glaube, da schaut es nicht schlecht aus für diese Mannschaft“, rechtfertigte er vor den Matches gegen Wales und Georgien die Berufung von frischen Kräften wie Neo-Ajax-Legionär Maximilian Wöber, Kevin Danso oder Konrad Laimer. Zu einem Zeitpunkt also, als die WM-Chance noch lebte.
So junge Neulinge wie jetzt sah man früher kaum einmal bei Marcel Koller. Lediglich der damalige Salzburger Rohdiamant Valentino Lazaro und Marcel Sabitzer debütierten bereits als 18-Jährige. Deutlich länger anstellen mussten sich Spieler wie Alessandro Schöpf, Florian Kainz, Martin Hinteregger, Kevin Wimmer oder Florian Grillitsch.
Seinem noch nicht nominierten Nachfolger kann Marcel Koller jedenfalls ein Team präsentieren, in dem praktisch auf jeder Position zumindest eine junge Alternative zur Verfügung steht. Ein Fragezeichen bleibt in einem solchen „U25-Nationalteam“lediglich die ewige Baustelle des Linksverteidigerpostens.
Zuletzt hatte Martin Hinteregger beim Team auf seiner früheren Position ausgeholfen und durchaus eine gute Figur abgegeben. Auf Dauer könnte sich mit Maxi Wöber einer der Youngsters als Lösung für das Problem erweisen. Der 19-Jährige wurde zwar von Ajax Amsterdam wegen seiner Qualitäten im Abwehrzentrum geholt, zeigt sich aber flexibel: „Bei Rapid habe ich das lange trainiert, aber nicht so oft gespielt. Ich habe kein Problem damit.“Der Platz links in der Viererkette sei für ihn eine „Alternativposition, genauso wie im defensiven Mittelfeld. Aber meine Hauptposition ist in der Innenverteidigung“, sagte Wöber.
So wie Wöber machte einst auch Marko Arnautovic über die Niederlande seinen Weg. Am Mittwoch stimmte der Rekordspieler der Koller-Ära (50 von 52 möglichen Partien) in die Kritik an den ÖFB-Funktionären rund um die Ablöse des Teamchefs ein: „Da sitzen auf einmal zehn, fünfzehn Leute an einem Tisch und sagen, es wird alles verändert. Das ist aus meiner Sicht ein sehr großer Fehler“, richtete der Mittelfeldspieler den mächtigen Landesverbandspräsidenten aus. Und bezüglich der Erwartungshaltung ans Team bestätigte er das Bild vom forcierten Umbruch: „Wir sind im Aufbau.“
„Für die Zukunft dieses Teams schaut es nicht schlecht aus.“Marcel Koller, ÖFB-Teamchef