SPÖ legte den Vertrag mit Tal Silberstein vor
Tal Silberstein war für die Sozialdemokraten weit mehr als ein bloßer Ratgeber.
SPÖ-Interims-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter bemühte sich am Donnerstag in der Causa Silberstein mit der Offenlegung von Verträgen und Abrechnungen um Transparenz. Die Partei zahlte Silberstein 536.000 Euro. 131.000 Euro will die SPÖ rückfordern. Laut Matznetter war die verdeckte Facebook-Kampagne nicht Gegenstand der Verträge.
WIEN. Die SPÖ hatte die Job Description des umstrittenen Beraters Tal Silberstein bisher stets eher heruntergespielt. Silberstein sei „für Umfragen und deren Interpretation sowie für die Vorbereitung von Fokusgruppen und deren Auswertung sowie daraus abgeleitete strategische Empfehlungen zuständig“gewesen, erklärte einst der in den Wirren der Silberstein-Affäre längst SPÖ-Parteigeschichte gewordene Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler.
Der am Donnerstag von seinem Nachfolger Christoph Matznetter vorgelegte Vertrag mit Silberstein legt nun offen, dass Silberstein weit mehr war als ein Ratgeber. Vielmehr sollte er faktisch einen kompletten Wahlkampf liefern. Laut Vertrag war Silberstein, beziehungsweise seine Agentur, unter anderem zuständig für Umfragen, strategische Planung, Trainings, „War-Room“-Management, Medienbeobachtung, Vorbereitung auf TV-Debatten. Auch „crisis management und rapid response“zählte zu seinen Aufgaben, also Krisenmanagement und die schnelle Reaktion auf neue Herausforderungen. Und schließlich sollte Silberstein „opposition research teams“einrichten, also eine Einheit zur Beobachtung des politischen Gegners.
Laut Bericht eines Wirtschaftsprüfers hat Silberstein von der SPÖ seit September 2016 536.000 Euro erhalten. Die Partei fordert insgesamt 131.250 Euro von dem nach seiner Verhaftung in Israel im August von der SPÖ umgehend – aber dennoch spät – gefeuerten Berater zurück. Laut Matznetter wäre der Vertrag ursprünglich im September ausgelaufen, wurde aber nach der Ausrufung der vorgezogenen Neuwahl um einen Monat verlängert.
Die beiden von Silberstein betreuten gegen Sebastian Kurz gerichteten „Dirty Campaigning“- Seiten seien, wie SPÖ erneut betonte, nicht Gegenstand des Vertrags mit Silberstein gewesen. „Weder im Vertrag noch in den Rechnungen oder Zahlungen gibt es einen Hinweis darauf“, beteuerte Matznetter. Freilich wird derlei im Vertrag auch nicht ausgeschlossen. Der Vertragspunkt „creative planning and execution“, also „kreative Planung und Durchführung“, lässt jedenfalls einige Spielräume offen.
40.000 der 536.000 Euro waren für die Beratung der SPÖ Niederösterreich vorgesehen, 88.500 Euro für Datenanalytik, und 17.500 interessanterweise für „Übersetzungsleistungen“. Wie in den letzten Tagen bekannt wurde, verdächtigt die SPÖ eine derzeit offensichtlich untergetauchte monatelang zur Kommunikation mit Silberstein eingesetzte Dolmetscherin, das Datenleck für die vielen hinausgespielten internen Informationen zu sein. Matznetter hielt sich mit konkreten Vorwürfen allerdings zurück: „Wir wissen nicht genau, was das Datenleck ist. Mein Eindruck ist, dass ein Gesamtdatenbestand übergeben wurde und jetzt tropferlweise eingekocht wird.“Da es sich immer um Inhalte handelte, die übersetzt worden seien, falle der Verdacht auf das Umfeld Silbersteins und seiner Mitarbeiter.
Aus der SPÖ verlauten hinter vorgehaltener Hand skurrile Geschichten: Silberstein habe im Jänner für die SPÖ mögliche eigene Slogans und mögliche Slogans anderer Parteien an Fokusgruppen abgetestet. Der getestete Slogan „Sebastian Kurz – ein neuer Stil für Österreich“habe die besten Werte für die ÖVP ergeben. Bald darauf habe die ÖVP „Ein neuer Stil“-Plakate geschaltet. Für die SPÖ ein weiterer Hinweis auf das Wirken eines Maulwurfs in den eigenen Reihen.
Rechtliche Schritte behält sich die SPÖ sowohl gegen die vermuteten Urheber des Datenlecks vor, das die Causa öffentlich gemacht hat, als auch gegen ihren in die „Dirty Campaigning“-Affäre verwickelten Mitarbeiter Paul P., gegen Silberstein und auch dessen österreichischen Partner mit ÖVP- und Neos-Vergangenheit Peter P. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits aufgrund einer Anzeige der SPÖ. Donnerstag abend meldete sich nun einer der Urheber der Aktion zu Wort. Der PR-Experte Peter P. der die Seiten im Auftrag von SPÖ-Berater Tal Silberstein organisiert hat, erklärte gegenüber „Presse“und „Falter“, dass die ÖVP ihm 100.000 Euro geboten haben soll, falls er Details der Kampagne verrät. In der ÖVP weist man diese Darstellung vehement zurück.