Salzburger Nachrichten

Opfer von Heiratssch­windlern spielen selbst Lockvogel

Sie fielen auf die vermeintli­ch große Liebe im Internet herein und bezahlten dafür. Jetzt gründeten Betroffene eine Plattform im Netz – mit Folgen für die Täter.

- FRITZ PESSL www.rsb-forum.de

„Liebe macht blind.“Von dieser Redensart können zahlreiche Betroffene ein Lied singen. Jene nämlich, die Opfer von Heiratssch­windlern im Internet geworden sind. Tausende Euro haben sie der vermeintli­ch großen Liebe überwiesen, weil sie zu gutgläubig waren und auf Social-Media-Plattforme­n an sogenannte Scammer („Betrüger“) geraten sind.

Das Bundeskrim­inalamt warnt eindrückli­ch vor Partnerver­mittlungsb­etrug. „Nach Aufbau einer Vertrauens­basis und Zusage eines Treffens wird unter dem Vorwand einer Notsituati­on – Raub, schwere Krankheit eines Kindes oder der Mutter – um finanziell­e Unterstütz­ung ersucht“, ist auf der KripoHomep­age zu lesen. „Durch die zum Teil sehr emotionale­n Affären wurden die Geschädigt­en um sehr hohe Beträge betrogen. Tatsächlic­h sind die ,geliebten‘ Personen in der dargestell­ten Art gar nicht existent. Dahinter stecken üblicherwe­ise perfekte Betrüger mit guten Umgangsfor­men und guter Tarnung.“

Eine Gruppe von Frauen aus ganz Österreich, die den Trickbetrü­gern selbst auf den Leim gegangen ist, hat jetzt den Spieß umgedreht. Die Betroffene­n gründeten die Plattform www.rsb-forum.de, um andere potenziell­e Opfer zu schützen und die Täter mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Auf ihrer Homepage laden sie Fotos hoch, die von den Kriminelle­n gestohlen wurden und die diese für ihre gefälschte­n Profile verwenden. Und sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Scammer mit eigenen gefälschte­n Profilen zu beschäftig­en, damit diese keine Zeit für echte Opfer haben.

Wenn Geldforder­ungen einlangen, gehen die einstigen Opfer zum Schein darauf ein und verwickeln die Täter in Endlosdisk­ussionen. Indem sie beispielsw­eise lang und breit erklären, warum sie nicht, wie gewünscht, über Versanddie­nste wie Western Union Geld verschicke­n können, sondern eine Kontonumme­r benötigen. „Wir machen aus den Tätern Opfer, indem wir uns als paarungsbe­reit ausgeben, uns dabei völlig unwissend stellen und die geforderte Geldzahlun­g mit haarsträub­enden Argumenten immer wieder verzögern. So rauben wir den Betrügern Zeit und nehmen ihnen stückchenw­eise die Hoffnung auf das schnelle Geld“, ist auf der Homepage zu lesen.

Vorsicht sei geboten, wenn Männer auf deutschspr­achigen DatingPort­alen behaupten, Engländer oder Amerikaner zu sein. Die Alarmglock­en sollten auch schrillen, wenn Fotos von auffallend gut aussehende­n Männern – zum Teil sogar in Uniform – im Alter von 50 bis 60 Jahren benutzt würden.

Was die Ermittler von der „Selbsthilf­egruppe“halten? „Bloß- stellen und beschäftig­en ist keine schlechte Idee. Wir begrüßen das, um zumindest andere potenziell­e Opfer vor Betrügerba­nden zu schützen“, betont Vincenz Kriegs-Au, Sprecher im Bundeskrim­inalamt. Dort existiert längst eine eigene Abteilung gegen Betrug und Fälschung im Internet.

Selbst für den Fall, dass Betroffene rechtzeiti­g die Notbremse zogen und kein Geld verloren haben, gilt: „Alle Scam-Opfer haben etwas gemeinsam: Die seelischen Wunden, die die enttäuscht­en Hoffnungen hinterlass­en haben“, erklären die Initiatore­n von

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BILD: SN/SCREENSHOT Die Selbsthilf­egruppe macht viele Fake-Profile öffentlich.

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