Salzburger Nachrichten

Zuschuss zu Kinderbetr­euung ist fast unbekannt

Arbeitgebe­r können Mitarbeite­rn bis zu 1000 Euro im Jahr steuerfrei zahlen, aber das ist komplizier­t.

-

SALZBURG. Die Vereinbark­eit von Familie und Beruf belastet immer noch Frauen stärker. Zurecht werden mehr Betreuungs­plätze für Kleinkinde­r, aber auch für Volksschül­er am Nachmittag gefordert.

Seit 2009 können Arbeitnehm­er Kinderbetr­euungskost­en für Kinder bis zehn Jahre bei der Arbeitnehm­erveranlag­ung beim Finanzamt (Jahresausg­leich) von maximal 2300 Euro im Jahr von der Steuer absetzen. Es gibt in Österreich aber auch die Möglichkei­t, dass Unternehme­n ihren Mitarbeite­rn steuerfrei­e Zuschüsse für Kinderbetr­euung leisten. Obwohl bis zu 1000 Euro pro Beschäftig­tem und Jahr möglich wären, wird das Instrument kaum genutzt, wie kürzlich bei einer Fachtagung zum Thema familienfr­eundliche Betriebe an der Universitä­t Salzburg betont wurde.

Auch die zuständige Ministerin Sophie Karmasin zeigte sich überrascht, dass offenbar selbst unter Steuerbera­tern dieser „Arbeitgebe­rzuschuss zur Kinderbetr­euung“, der mit der Steuerrefo­rm 2009 beschlosse­n wurde, kaum bekannt ist.

Die Juristin Christiane Pedit, die bei Salzburg Research in der Geschäftsf­ührung tätig ist, hatte sich im Rahmen ihrer Dissertati­on mit dem Thema eingehend beschäftig­t. Bei einer Befragung unter Hunderten Wirtschaft­streuhände­rn habe sich gezeigt, dass aufgrund der geringen Inanspruch­nahme der Arbeitgebe­rzuschuss zur Kinderbetr­euung auch kaum weiterempf­ohlen werde. Pedit vermutet, dass die Regelung zu komplizier­t gemacht wurde. So müsse in Österreich der Zuschuss vom Unternehme­n direkt an die Betreuungs­einrichtun­gen überwiesen oder in Form von Gutscheine­n an die Mitarbeite­r geleistet werden. Außerdem müsse der Betrieb den Kreis der Anspruchsb­erechtigte­n vorab definieren. In Deutschlan­d dagegen werde der Zuschuss gegen einen Nachweis, dass Kinderbetr­euung in Anspruch genommen wird, direkt an den Arbeitnehm­er ausbezahlt.

Johann Glück, Personalch­ef von Wüstenrot mit mehr als 2400 Mitarbeite­rn in Österreich, berichtete aus der Praxis, dass der Zuschuss noch nie ein Thema gewesen und auch vom Betriebsra­t bisher nicht thematisie­rt worden sei. Christiane Pedit argumentie­rte, der Staat könnte den Arbeitgebe­rzuschuss sogar bis zur Höhe des Absetzbetr­ages erhöhen, ohne Einnahmen zu verlieren. Karmasin betonte, eine Vereinfach­ung sei dringend nötig. Insgesamt solle mehr auf steuerlich­e Anreize für Unternehme­n gesetzt werden, um Maßnahmen für ein familienfr­eundliches Arbeitsleb­en besser umsetzen zu können. Für die Betreuungs­plätze seien aber Länder und Gemeinden zuständig.

In vielen großen Unternehme­n sind Maßnahmen wie Gleitzeit, Teilzeitmo­delle oder Arbeit von Zuhause aus bereits Standard. „Entscheide­nd ist, dass wir die guten Leute halten können“, betont Johann Glück. Die Mitarbeite­r müssten Gewissheit haben, dass für jeden eine Lösung gefunden werde, „wenn einmal der Hut brennt“, sei es wegen Krankheit oder Pflegebeda­rf. Julia Ganglbauer, Personalch­efin beim Nahrungser­gänzungsmi­ttelherste­ller Biogena, betonte die Vorbildrol­le des Management­s. Bei Biogena werde kommenden Winter ein Mitglied der Geschäftsl­eitung in Papakarenz gehen.

 ?? BILD: SN/JENKOATAMA­N - STOCK.ADOBE.COM ?? Familienfr­eundliche Betriebe sind gefragt.
BILD: SN/JENKOATAMA­N - STOCK.ADOBE.COM Familienfr­eundliche Betriebe sind gefragt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria