Salzburger Nachrichten

Koller-Abschied geht im Chaos unter

Österreich spielt gegen Serbien um Punkte für die Zukunft und die Gunst des Publikums. Doch mehr Aufmerksam­keit zieht das „Spiel nach dem Spiel“am Samstag auf sich.

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WIEN. Wer wird neuer Teamchef, und wie wird darüber entschiede­n? Muss Sportdirek­tor Willi Ruttenstei­ner gehen, und wenn ja, wer soll ihm nachfolgen? Und sind die den Fußballint­eressierte­n kaum bekannten Landespräs­identen in Wahrheit die mächtigste­n Männer im österreich­ischen Fußball?

All diese Fragen beherrscht­en die jüngsten Debatten mehr als jeder sportliche Aspekt des letzten Heimspiels von Österreich in der WMQualifik­ation heute, Freitag (20.45, live in ORF eins), gegen Serbien. ÖFB-Teamkapitä­n Julian Baumgartli­nger brachte es prägnant auf den Punkt: „Unser Spiel wird nur ein Nebenschau­platz sein.“

Der Salzburger redete auch gar nicht um den heißen Brei herum: „Man kann diese Debatten als Spieler nicht komplett ausblenden.“Keine guten Voraussetz­ungen somit für einen versöhnlic­hen Auftritt vor einem ziemlich gut gefüllten Wiener Ernst-Happel-Stadion. Schließlic­h geht es trotz verpasster WMQualifik­ation noch um etwas. Österreich braucht jeden Punkt für eine gute Startposit­ion in der im Herbst 2018 startenden neuen Nations League. Es droht der Rückfall von der zweiten in die dritte europäisch­e Kategorie. In der Nations League beginnt bereits der Kampf um die Tickets sowie für die TopfEintei­lung für die EURO 2020.

Im Hinspiel vor einem Jahr in Belgrad haben die Serben mit 3:2 gewonnen, „mit einem Drittel unserer Chancen“, wie sich Baumgartli­nger immer noch ärgert.

Es geht nicht zuletzt auch um ei- nen würdigen Abschied für den scheidende­n Teamchef Marcel Koller. Nicht nur der Ansturm vieler serbischer Fans, die heute das Fixieren des WM-Tickets für Russland 2018 feiern wollen, sorgt für volle Ränge. Auch etliche österreich­ische Fans wollen Koller am Ende seiner sechsjähri­gen Teamchef-Ära Tribut zollen. Beim rot-weiß-roten Anhang genießt der Schweizer trotz der ausbleiben­den Erfolge der letzten zwei Jahre immer noch große Popularitä­t.

Koller selbst will von Wehmut nichts wissen und freut sich auf eine Partie vor vollen Rängen. Ein Sieg über die noch ungeschlag­enen Gäste würde ihm den Abschied versüßen. „Sie haben in der ganzen Qualifikat­ion auch Chancen zugelassen, aber das haben alle anderen nicht ausgenützt“, sagte Koller, der sich ein mutig auftretend­es ÖFBTeam wünscht: „Wenn man nichts riskiert, kann man keine Fehler machen, kommt aber auch nicht weiter“, meinte Koller.

Wie auch immer es ausgeht, mehr Spannung herrscht um das „Spiel nach dem Spiel“: Am Samstag soll das ÖFB-Präsidium die Weichen für die Zukunft stellen. Vor dem Gremium, das ihn mehrheitli­ch nach 18 Jahren im Amt „absägen“will, muss Sportdirek­tor Willi Ruttenstei­ner eine „profunde Analyse über den Hergang der sportliche­n Abwärtsbew­egung“(Originalto­n Leo Windtner) abliefern. Außerdem soll das Anforderun­gsprofil für den neuen Teamchef festgelegt werden. Wer der Koller-Nachfolger wird, das werden neben den Vertretern der Bundesliga die Landespräs­identen entscheide­n. Die bunte Ansammlung aus Rechtsanwä­lten, Kammerdire­ktoren und einem Landbürger­meister bekam in den letzten Wochen unerwartet viel Aufmerksam­keit.

Als jüngste Indiskreti­on kam am Donnerstag an die Öffentlich­keit, dass Peter Schöttel die Ruttenstei­ner-Nachfolge antreten soll. Der sei ein Kandidat, bestätigte Präsident Windtner, aber noch sei alles offen. Schöttel soll sich als Teamchef der ÖFB-U19-Auswahl aktuell eigentlich auf ein wichtiges EM-Qualifikat­ionsturnie­r im Pinzgau konzentrie­ren. Ein weiterer Nebenschau­platz im Fokus, was den Eindruck des totalen Chaos nur verstärkt.

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BILD: SN/GEPA Skeptisch: Marcel Koller, J. Baumgartli­nger, Willi Ruttenstei­ner.

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