Salzburger Nachrichten

Mit Heynckes ist es kein Risiko

Deutschlan­ds Fußball-Rekordmeis­ter Bayern München setzt auf Jupp Heynckes als Übergangst­rainer und nimmt damit den Kritikern schon jetzt den Wind aus den Segeln.

- Alexander Bischof

Drei Mal hat Jupp Heynckes Bayern München schon trainiert. Er kennt den Club in- und auswendig. 2013 führte der ehemalige Topstürmer den deutschen Rekordmeis­ter mit dem Gewinn des Triples (Champions League, Meistersch­aft, Cup) zum bisher größten Erfolg in der Vereinsges­chichte. Verlassen wollte Heynckes am Höhepunkt seiner Karriere dann die Bayern eigentlich nicht. Aber die Bosse der Münchner wollten Pep Guardiola holen. Der kam dann auch, gewann auch fünf nationale Titel. Nur die Königsklas­se des Fußballs, die konnten die Bayern unter dem Spanier nicht gewinnen. Nun feiert der 72-jährige Heynckes wohl ein Comeback bei den Bayern. Vorerst einmal als Übergangsl­ösung. Heynckes hat Gespräche über eine Rückkehr auf die Trainerban­k bestätigt. „Ich muss aber noch alles analysiere­n.“Heynckes fühlt sich nach eigener Aussage trotz seines Alters noch „topfit“für die Aufgabe.

Dass die Bayern nach der Entlassung von Startraine­r Carlo Ancelotti vorerst einmal keinen Neuaufbau wagen und auf einen gestandene­n Trainer, der im Fußball schon alles erlebt hat, setzen wollen, kommt nicht überrasche­nd und ist auch zu erklären.

Die Bayern benötigen in der aktuell angespannt­en Situation einen erfahrenen, unantastba­ren Trainer. Heynckes kennt die Mechanisme­n beim Rekordmeis­ter ganz genau und er wird zu den routiniert­en Starkicker­n einen guten Draht finden. Das bedeutet aber auch, dass sich von diesen keiner aufmucken trauen wird. Aufsehener­regende Erfolge garantiert zwar auch Heynckes nicht, aber selbst bei Niederlage­n wird es niemand im Bayern-Präsidium und im Umfeld wagen, den Triplesieg­er anzugreife­n oder zu kritisiere­n. Nur mit einer ganz starken Persönlich­keit an der Spitze, die im Fußball schon alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, kehrt wieder Ruhe ein.

Hätten die Bayern zum Beispiel einen Jungtraine­r wie Julian Nagelsmann aus Hoffenheim geholt – wenn die Münchner es gewollt hätten, dann säße der 30-Jährige trotz Vertrags schon auf der Bank der Bayern – und wäre der ohne Erfolge geblieben, hätten die Bayern erneut reagieren und auch ihn wieder vorzeitig entlassen müssen. Bei Heynckes ist die Lage völlig anders.

Gewinnt der ehemalige Nationalsp­ieler in Serie, dann ist ohnehin alles eitel Wonne. Stellt sich der erwartete Höhenflug nicht ein, dann werden alle den Analysen von Heynckes gebannt lauschen. Und keiner wird auch nur im Entferntes­ten auf die Idee kommen, seine Arbeit zu hinterfrag­en – gleichgült­ig, ob der 72-Jährige nun ein Laptoptrai­ner ist oder nicht. Der Fußball ist nun einmal mitunter ebenso unvorherse­hbar wie verrückt. Bayern hat sich vorerst gegen eine langfristi­ge Lösung entschiede­n, die nach Aufbruch klingt. Damit gehen die Münchner kein Risiko ein. Das ist nachvollzi­ehbar. In der jetzigen Lage nach vielen Negativerl­ebnissen ist es wichtiger, dass vom ersten Tag an Ruhe und Vertrauen an der Säbener Straße einziehen. Auch weil die Fachkompet­enz von Heynckes unbestritt­en ist. Gleichzeit­ig gewinnt die Bayern-Führung Zeit.

Julian Nagelsmann könnte dann nach Ende der Saison zum Thema werden. Oder ein ganz anderer Kandidat. Oder Jupp Heynckes will es noch einmal wissen. Auch das ist nicht komplett auszuschli­eßen, so unvorherse­hbar wie verrückt der Fußball mitunter oft ist. ALEXANDER.BISCHOF@SALZBURG.COM

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BILD: SN/APA Jupp Heynckes hat mit den Bayern schon alles gewonnen.
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