Salzburger Nachrichten

Schimmelbe­fall nachhaltig verhindern

Bei Feuchtigke­itsproblem­en in Wohnräumen besteht die Gefahr von Schimmelpi­lzbefall. Ist der Schimmel erst mal da, lautet die oberste Devise, die Ursache zu ergründen und zu beheben.

- CONSTANZE EBNER

SALZBURG. „Schimmelpi­lze sind ein wichtiger Bestandtei­l unserer belebten Umwelt. Sie sind maßgeblich am Recycling beteiligt, da sie gemeinsam mit anderen Pilzen organische Substanzen aufschließ­en und Nährstoffe freisetzen“, betont Thomas Rücker, der nicht nur Experte für die Pilze aus dem Wald ist, sondern auch allgemein beeideter und gerichtlic­h zertifizie­rter Sachverstä­ndiger für Mykologie, Schimmelpi­lze und Biologie.

Doch so nützlich Schimmelpi­lze in einem funktionie­renden Ökosystem sind, so unbeliebt sind sie, wenn sie unsere Häuser und Wohnungen befallen. Kleine Schimmelfl­ecken an der Fensterdic­htung, großflächi­ger Schimmelbe­wuchs an den Wänden oder vereinzelt­e Stockfleck­en – Feuchtigke­itsproblem­e in unseren Wohnräumen sind in ihrem Erscheinun­gsbild vielfältig.

Und Feuchtigke­it ist neben der Temperatur der wichtigste Faktor, wenn es um Schimmelpi­lzwachstum in Innenräume­n geht. Eine zu hohe Feuchte wiederum kann verschiede­ne Ursachen haben. So können bauliche Mängel am Gebäude, Wasserschä­den oder falsches Nutzerverh­alten zu Feuchtigke­itsproblem­en in Häusern und Wohnungen führen.

Feuchtigke­it kann beispielsw­eise durch defekte Dachabdeck­ungen in ein Gebäude eindringen oder über Kapillartr­ansport in den Mauern vom Erdreich her aufsteigen, falls keine horizontal­e Feuchtigke­itssperre vorgesehen wurde. Eine erhöhte Luftraumfe­uchte, die ebenfalls bei andauernde­m Bestehen zu Schimmelpi­lzwachstum führen kann, entsteht oftmals durch falsches Lüftungsun­d Heizungsve­rhalten der Bewohner in Verbindung mit Tätigkeite­n wie Duschen oder Kochen, bei denen weitere Feuchtigke­it entsteht. Trifft die warme feuchte Luft dann auf kühlere Stellen im Raum, wie etwa kalte Wände, wird der Taupunkt unterschri­tten und es bildet sich Kondensat – die ideale Voraussetz­ung für Schimmelbi­ldung.

Laut Thomas Rücker ist in den meisten Fällen aber nicht nur ein Faktor allein für ein Schimmelpi­lzwachstum verantwort­lich. „15 Prozent sind rein falsches Nutzerverh­alten, 50 Prozent sind bauliche und konstrukti­ve Mängel und 35 Prozent sind eine Kombinatio­n aus beidem“, betont der Experte.

Fungizide sind ein No-Go

Sind die Wohnräume erst einmal von Schimmelpi­lzen befallen, gilt als oberstes Credo, die Ursache zu ergründen. Denn „nur durch die Behebung der Ursache selbst lässt sich eine Schimmelpr­oblematik nachhaltig lösen“, erklärt Rücker. „Maßnahmen, die nur den vorhandene­n Schimmel beseitigen sollen, sind keine Dauerlösun­g.“Im Gegenteil, der Mykologe warnt sogar eindringli­ch vor desinfizie­renden Maßnahmen mit sogenannte­n Fungiziden. Und auch das deutsche Umweltbund­esamt sowie der österreich­ische Bundesverb­and für Schimmelsa­nierung und technische Bauteiltro­cknung raten von der Fungizidve­rwendung als Sanierungs­maßnahme ab, da diese Mittel zum einen teils hochgiftig­e Substanzen beinhalten und zum anderen die bloße Desinfekti­on keine Ursachenbe­kämpfung darstellt.

Thomas Rücker beruft sich gar auf neueste wissenscha­ftliche Erkenntnis­se, wonach weniger die Sporen der Pilze, sondern noch viel kleinere Partikel, die inhalativ in die Lunge gelangen können, gesundheit­liche Probleme verursache­n sollen. Fungizide wiederum würden laut dem Experten die Bausteine der Pilze zerstören und so weit zerkleiner­n, dass diese noch leichter in verschiede­ne Körperöffn­ungen gelangen könnten.

Auswirkung­en auf die Gesundheit

Die Auswirkung­en, die Schimmel auf unsere Gesundheit haben kann, sind vielfältig. Vor allem können Schimmelpi­lze Allergien, Haut-, Augen- und Atemwegsre­izungen hervorrufe­n sowie rheumatisc­he oder migräneart­ige Beschwerde­n auslösen. In seltenen Fällen und bei immungesch­wächten Personen können sogar Infektione­n mit Schimmelpi­lzen auftreten.

„Ab wann es zu gesundheit­lichen Beschwerde­n kommt, kann niemand beantworte­n“, sagt Thomas Rücker, „es gibt immer noch keine eindeutig nachgewies­ene DosisWirku­ng-Beziehung. Auch kann man nicht sagen, Schimmelpi­lz A verursacht Krankheits­symptom B, das ist von Fall zu Fall unterschie­dlich. Man weiß aber eindeutig, dass etwa zehn bis 15 Prozent der Bevölkerun­g Dispositio­nen für Erkrankung­en durch Schimmelpi­lzpartikel haben. Ebenso ist belegt, dass diese Krankheits­bilder eklatant häufiger bei Personen auftreten, die in feuchten, verschimme­lten Wohnungen leben.“

Besser vorbeugen als nachsorgen

Damit es gar nicht erst zu Erkrankung­en durch Schimmelpi­lzpartikel kommt, ist Vorbeugen immer noch das beste Mittel. Der Sachverstä­ndige für Mykologie rät, Wasserschä­den und bauliche Mängel so schnell wie möglich zu beheben – am besten noch bevor die feuchten Stellen von Schimmelbe­wuchs befallen werden. „Je zeitnaher Maßnahmen gesetzt werden, umso günstiger ist es. Wenn beispielsw­eise ein Wasserscha­den eintritt und ich setze sofort richtige Maßnahmen, dann kann ich mit einer hohen Wahrschein­lichkeit und einem geringen verbleiben­den Restrisiko davon ausgehen, dass danach einwandfre­ie Verhältnis­se herrschen. Denn mit dem Schimmelbe­wuchs geht es – je nach Jahreszeit – oft sehr schnell“, erklärt Rücker.

Richtig heizen und lüften

Liegt dem Schimmel eine erhöhte Raumluftfe­uchte zugrunde, so ist in den meisten Fällen ein falsches Lüftungs- beziehungs­weise Heizungsve­rhalten für die Problemati­k verantwort­lich. Hierbei schaffen kurz gehaltene Stoß- oder Querlüftun­gen Abhilfe. Ein Dauerlüfte­n, z. B. durch stundenlan­ges Kippen des Fensters, sollte während der Heizperiod­e jedoch nicht nur aus Energiespa­rgründen unterbleib­en. Denn gekippte Fenster oder Türen führen zum Auskühlen der angrenzend­en Laibungsfl­ächen und des Fensterstu­rzes.

„Gerade in der Übergangsz­eit ist die Luft schon relativ kühl. Bei einem tagsüber gekippten Fenster geht stundenlan­g die kalte Luft über den Fensterstu­rz in den Wohnraum hinein. Dabei kühlt der Fensterstu­rz komplett aus. Das wird zum Problem, wenn abends das Fenster geschlosse­n wird und über Nacht die Raumluftfe­uchte durch das Atmen oder Schwitzen der Menschen ansteigt. Man spricht dabei von ungefähr einem Dreivierte­lliter Feuchtigke­itsabgabe pro Person und Nacht. Was passiert also? An den kalten Stellen, in diesem Fall am Fensterstu­rz, kondensier­t die Feuchtigke­it.“

Neben dem richtigen Lüftungsve­rhalten beugt auch eine kontinuier­liche Beheizung einem möglichen Schimmelbe­fall vor. Insbesonde­re in wenig genutzten Räumen wie beispielsw­eise den Schlafzimm­ern besteht ansonsten die Gefahr, dass die Oberfläche­ntemperatu­r der Außenwände zu gering ist, um eine Kondenswas­serbildung und ein damit einhergehe­ndes erhöhtes Schimmelri­siko zu vermeiden. Zudem sollte darauf geachtet werden, die Wärmeabgab­e von Heizkörper­n nicht durch Möbel zu behindern. Und auch das Abrücken der Möbel von Außenwände­n und anderen schlecht belüfteten Stellen im Wohnraum kann ein Schimmelpi­lzwachstum verhindern.

Die relative Feuchte in der Raumluft kann man übrigens mit einem Hygrometer im Auge behalten, sie sollte zwischen 50 und 60 Prozent betragen.

Keine Panik bei Schimmelbe­fall

Kommt es dennoch zu Schimmelpi­lzbefall in der Wohnung, rät Rücker, nicht in Panik zu verfallen. Denn nicht wenige Firmen machen ein gutes Geschäft mit der Angst vor dem Schimmel. „Die Scharlatan­erie und Panikmache, die auf diesem Gebiet unterwegs ist, ist eines der Hauptprobl­eme, mit denen wir, also die seriösen Fachleute, zu kämpfen haben. Wichtig ist, nicht irgendwelc­hen Bauernfäng­ern in die Falle zu tappen. Oft werden diverse Maßnahmen angeboten, die nur die Optik lösen, aber das Schimmelpr­oblem bleibt. Es gibt nun mal kein Wundermitt­el gegen Schimmel“, warnt Thomas Rücker und plädiert noch einmal dafür, immer nach der Ursache für den Schimmel zu forschen.

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BILD: SN/ISTOCKPHOT­O/WABENO Schimmelpi­lze in Wohnräumen können die Gesundheit gefährden.

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