Salzburger Nachrichten

Kleidung verrät, wer du bist

Die Menschwerd­ung beginne mit der Kleidung, sagt Pfarrer Heinrich Wagner. Eine Ausstellun­g zeigt zudem die Bedeutung der Verschleie­rung.

- ANGELIKA WIENERROIT­HER

Heinrich Wagner trägt einen grauen Sack, wenn er durch die neue Ausstellun­g der Bibelwelt in der Stadt Salzburg führt. Es ist ein ärmliches Gewand, das eines Arbeiters. „Reiche trugen bodenlange Gewänder“, sagt der Pfarrer. „Denn sie mussten nicht arbeiten.“Meist versteckte­n die Fürsten die linke Hand, denn sie hätten nur die rechte benötigt, um Anweisunge­n zu geben. Kleider machen Leute, sagt ein Sprichwort. Die Bibelwelt zeigt in einer Ausstellun­g von 7. Oktober bis 26. Februar, wie wahr der Ausspruch ist. Bei der Führung beginnt Pfarrer Wagner ganz am Anfang. Damals, als Adam und Eva vom Apfel kosteten und sie aus dem Paradies vertrieben wurden. Gott habe für sie die Kleidung erschaffen: „Die Menschwerd­ung beginnt mit dem Rauswurf aus dem Paradies. Damit beginnt die Menschwerd­ung auch mit der Kleidung – sie ist etwas Wesentlich­es für uns.“

Nacktsein sei ab einer Zeit von 2000 vor Christus ein Zeichen von Schande gewesen. „Nur Sklaven waren nackt“, sagt Wagner. Auf einem Tonscherbe­nfund sei etwa die Geschichte eines Arbeiters überliefer­t, dem sein Gewand gestohlen wurde. „Ohne Gewand war er nichts mehr, Kleidung ist ein Ausdruck der Würde“, sagt der Pfarrer. Kleidung zeige das, was ich bin.

Wagner bleibt vor einer Puppe stehen, die eine Burka trägt. Im Orient durften sich nur reiche Stadtfraue­n verschleie­rn. Das Gesicht nicht zu zeigen sei ein Ausdruck von Status gewesen. „Die Verschleie­rung ist nicht entstanden, um die Frau vor den Blicken der Männer zu schützen. Es sollte zeigen, dass die Frau jemand ist.“Prostituie­rten sei es verboten gewesen, ihr Gesicht zu verhüllen. „Wenn sie es doch tat und erwischt wurde, wurde ihr als Strafe

„Kleidung ist ein Ausdruck der Würde und des Status.“Heinrich Wagner, Pfarrer

das Gewand weggenomme­n.“Schleier gebe es auch im Christenun­d Judentum: Christlich­e Bräute verhüllen ihr Gesicht mit weißem Stoff, Nonnen des Karmeliter­ordens tragen Schleier zu Zeremonien. Und Jüdinnen hätten ein Tichel, eine Art Kopftuch, als Zeichen ihrer religiösen Zuge-

hörigkeit getragen. Was bedeutetet das nun in Hinblick auf die neue Gesetzgebu­ng, dass es keine Verschleie­rung mehr geben darf? Die Bedeutung habe sich gewandelt, sagt der Pfarrer. „Verschleie­rung wird heute als religiöse Vorschrift gesehen, die die Frau erniedrigt.“

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Kleidung im religiösen Kontext beschääfti­gt.
Heinrich Wagner führt durch eine Auusstellu­ng der Bibelwelt, die sich mit Kleidung im religiösen Kontext beschääfti­gt.
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BILD: SN/APA/BARBARA GINDL

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