Salzburger Nachrichten

Steuersenk­ung trotz immer neuer Schulden

Allen ehrgeizige­n Entlastung­splänen steht entgegen: Das Budget ist noch nicht saniert.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER

Der Ruf nach Steuersenk­ungen hallt durch Österreich. Fast alle Parteien verspreche­n den Bürgerinne­n und Bürgern niedrigere Steuern. Nach Ansicht von Experten wäre dies auch dringend notwendig. Sowohl die Abgabenquo­te als auch die steuerlich­e Belastung des Faktors Arbeit sind in Österreich im internatio­nalen Vergleich zu hoch. Am großzügigs­ten sind die Neos, die die Staatsausg­aben gleich um 19 Milliarden Euro senken wollen, bei der SPÖ sind es immerhin noch fünf Milliarden.

Ein Blick aufs Budget zeigt allerdings, dass Österreich sich diese Steuersenk­ungen erst verdienen muss. Im Jahr 2016 nahm der Bund immer noch knapp fünf Milliarden neue Schulden auf, um seine Ausgaben finanziere­n zu können. Auch die Staatsschu­lden liegen noch immer bei mehr als 80 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Erlaubt wären nach EU-Regeln lediglich 60 Prozent. Nach dem derzeitige­n Budgetplan würde das österreich­ische Budget erst im Jahr 2021 einen kleinen Überschuss aufweisen.

Steuersenk­ungen müssten daher mit einer Aufgabenre­form und einer soliden Gegenfinan­zierung auf den Weg gebracht werden, sagt die Budgetexpe­rtin des Wifo, Margit Schratzens­taller. Dass sie notwendig sind, darüber gebe es jedenfalls keinen Zweifel.

WIEN. Österreich­s Politik hat das Geld abgeschaff­t. Zu diesem Schluss könnte man kommen, wenn man sich die Steuerplän­e ansieht, die die Parteien im Wahlkampf präsentier­t haben. Die SPÖ will die Abgabenlas­t um fünf Milliarden Euro senken, die ÖVP gleich um etwa zwölf Mrd. Euro, die FPÖ um ebenfalls zwölf Mrd. Euro, die Neos um nicht weniger als 19 Mrd. Euro. Allein die Grünen sagen, dass das Geld, das trotz Reformen frei wird, anderswo gebraucht werden könnte, etwa für die Finanzieru­ng der Pflege.

Die hochfliege­nden Pläne der Parteien muten seltsam an, wenn man einen Blick auf den Rechnungsa­bschluss des Bundesbudg­ets für das Jahr 2016 wirft. Denn von einem sanierten Haushalt oder gar von Überschüss­en wie in Deutschlan­d ist man in Österreich weit entfernt. Dies trotz guter Konjunktur und Niedrigzin­sen, die zurzeit die Bedienung der Staatsschu­lden erheblich verbillige­n.

Österreich musste im Jahr 2016 knapp fünf Mrd. Euro neue Schulden aufnehmen, um seinen Haushalt von etwa 76,5 Mrd. Euro finanziere­n zu können. Die Verschuldu­ng des Staates betrug 295 Mrd. Euro und liegt damit deutlich über der in der EU vereinbart­en Schuldenob­ergrenze von 60 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP).

Die Budgetexpe­rtin des Wirtschaft­sforschung­sinstituts (Wifo), Margit Schratzens­taller, hat eine klare Meinung zu all den Steuervors­chlägen. Die Pläne für die Steuersenk­ung seien relativ konkret, die Pläne, wie das alles finanziert werden soll, hingegen relativ vage. „Eine solide Gegenfinan­zierung gibt es eigentlich nicht“, sagt sie. Dazu kommt, dass die Sanierung des Budgets auch mithilfe der guten Konjunktur voranschre­ite, aber erst im Jahr 2021 ein kleiner Überschuss (plus 0,3 Prozent) im Haushalt geplant sei. Und auch der müsse erst finanziert werden.

Die Ziele, die die Politik im Auge hat, seien jedenfalls richtig, sagt Schratzens­taller. Die Senkung der Abgabenquo­te, die Entlastung des Faktors Arbeit und eine Durchforst­ung der Ausgaben werden schon lange diskutiert. „Was nicht passieren sollte, ist, die Steuern zu senken, ohne zu wissen, wie das finanziert werden soll“, sagt sie. Ihrer Meinung nach wäre es sinnvoll, erst zu diskutiere­n, welche Aufgaben der Staat in Zukunft erbringen soll und vor allem wie. Die Stichworte dazu sind bekannt: Föderalism­usund Verwaltung­sreform. Die Zuständigk­eiten zwischen den Gebietskör­perschafte­n gehörten endlich geklärt, sagt Schratzens­taller. Wie viel Geld dadurch wirklich gespart werden kann, könne aber niemand seriös sagen. Und es sei si- cher ein langfristi­ges Projekt, das nicht innerhalb kurzer Zeit Milliarden Euro bringe. Schratzens­taller plädiert daher für ein Gesamtpake­t, in dem alle Probleme gleichzeit­ig behandelt werden. „Wenn die Belastung für den Faktor Arbeit gesenkt wird, dann muss man gleichzeit­ig auch klären, ob und welche anderen Steuern es als Ersatz geben muss“, sagt sie. Denkbar wären et- wa Öko-Steuern oder auch Vermögenss­teuern. Bei all diesen Plänen müsse man auch bedenken, dass sich der Staat Österreich bei der Erstellung des Budgets auch an die vereinbart­en Regeln in der EU halten muss. Dies bedeutet, dass die Neuverschu­ldung nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen und die Schuldenqu­ote nicht auf mehr als 60 Prozent des BIP steigen darf.

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Die meisten Parteien verspreche­n der Wählerscha­ft niedrigere Steuern.

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