Es naht die Stunde des Bundespräsidenten
Ab Dienstag wird die Hofburg zum Zentrum der Innenpolitik. Der Bundespräsident hat bereits angedeutet, welche Regierung er wünscht.
Mit einer dringenden Ermahnung an die Wahlkämpfer, mehr auf ihren Stil zu achten, hat sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu Wort gemeldet. Es war einer seiner ganz wenigen öffentlichen Aussagen in den Monaten des Wahlkampfes, doch mit dieser relativen Ruhe ist es in der Hofburg bald vorbei. Ab kommender Woche wird die Präsidentschaftskanzlei zum Zentrum der Innenpolitik.
Am Dienstag nach der Wahl wird die Regierung in der Hofburg erscheinen und dem Bundespräsidenten traditionsgemäß ihren Rücktritt anbieten. Ebenso traditionsgemäß wird er das ablehnen und das Kabinett Kern/Brandstetter mit der Fortführung der Geschäfte betrauen. „Ab dann wird der Herr Bundespräsident Gespräche mit allen Parteichefs führen und ausloten, welche Regierungskonstellation überhaupt möglich ist“, heißt es in der Präsidentschaftskanzlei.
Gut möglich, dass Van der Bellen sich dafür Zeit nehmen wird. Denn in seiner eingangs erwähnten Ermahnung an die Wahlkämpfer sagte er, in diesem Wahlkampf sei derart viel Porzellan zerschlagen worden, dass „wertvolle Zeit verstreichen wird, bis die Feindbilder verschwunden und die Emotionen abgebaut sind“. Diesem Ziel könnte die erste Runde der Sondierungsgespräche dienen. Welche Koalition sich der Bundespräsident wünscht, hat er bislang offengelassen. Der einzige Wunsch, den er bisher geäußert hat, lautete: „Eine proeuropäische Regierung.“
Gerüchte, dass Van der Bellen keinen FPÖ-Außenminister akzeptieren würde, werden in der Hofburg energisch dementiert. Die im Präsidentschaftswahlkampf 2016 heiß diskutierte Frage, ob er FPÖObmann Heinz-Christian Strache die Kanzlerschaft verweigern würde, selbst wenn die FPÖ auf Platz eins käme, dürfte sich – glaubt man den Umfragen – nicht stellen.
Prinzipiell hat der Bundespräsident bei der Regierungsbildung freie Hand. Er kann zum Kanzler bestellen, wen er will. Und er darf, wie Thomas Klestil im Jahr 2000, einzelne Personen von der Ministerliste streichen. Allerdings kann der Bundespräsident nicht umhin, bei der Regierungsbildung die Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat zu berücksichtigen.
Jedenfalls hat Van der Bellen seinen Terminplan freigeräumt und in nächster Zeit keine größeren Auslandsreisen geplant. „Der Hauptfokus liegt jetzt ganz klar auf der Regierungsbildung“, heißt es in seinem Büro.