Annäherung bei der EU-Entsenderichtlinie
Das EU-Parlament hat einen Kompromiss für die umstrittene Reform. Die EU-Staaten noch nicht.
BRÜSSEL. Es ist eines der umstrittensten Themen in der EU: die Entsenderichtlinie, die vorübergehende Arbeitseinsätze in andere EUMitgliedsstaaten regelt. Die EUKommission hat im März 2016 eine Reform des aus 1996 stammenden EU-Gesetzes vorgeschlagen. Nun zeichnet sich im EU-Parlament ein Kompromiss ab. Vertreter der beiden großen Fraktionen, der Europäischen Volkspartei (EVP) und der Sozialdemokraten, haben sich auf einen Kompromiss geeinigt, hieß es am Dienstag. Kommenden Montag soll der zuständige Beschäftigungsausschuss abstimmen und laut Plan noch im Oktober das Plenum. Danach werde eine Einigung mit dem EU-Rat versucht. Die 28 sind allerdings in der Frage bisher gespalten: Während Länder wie Österreich eine Verschärfung der Regeln fordern, lehnen dies die osteuropäischen Mitgliedsstaaten ab.
Die EU-Kommission sieht vor, dass künftig ein entsandter Arbeitnehmer gleich entlohnt werden muss wie die Kollegen vor Ort, inklusive aller Zuschläge und Prämien. Bisher gilt bei Entsendungen nur der Mindestlohn in einer Branche. Laut Parlaments-Kompromiss sollen ab dem ersten Tag der Entsendung die Kollektivverträge gelten, die auf einer speziellen Website vom Zielland veröffentlicht werden. Außerdem sollen auch Subunternehmer eingebunden werden und der Hauptunternehmer dafür haften, dass sie die Regeln einhalten. Das sei „wichtig und richtig“, so der ÖVP-EU-Abgeordnete Heinz Becker, weil das bisher ein beliebtes Schlupfloch zur Umgehung ordentlicher Bezahlung gewesen sei.
SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner betont, erstmals werde die Gesundheit und Sicherheit der entsandten Arbeitnehmer stärker geschützt. Zudem sollten die Kosten für Reisen und Unterkunft nicht vom Lohn abgezogen werden dürfen. Und für entsandte Leiharbeiter sollen die gleichen Bedingungen gelten wie für jene, die vor Ort über Zeitarbeitsfirmen beschäftigt sind.
2015 gab es in der EU 2,05 Mill. entsandte Arbeitskräfte, Plus 41 Prozent gegenüber 2010. Fast die Hälfte davon arbeitet in der Baubranche. Luxemburg, Belgien und Österreich haben gemessen an der Bevölkerung die meisten entsandten Arbeitskräfte im Land. Die durchschnittliche Dauer der Entsendung beträgt vier Monate.