Salzburger Nachrichten

Immer dabei, wenn es politisch riskant wird

In der Türkei halten sich Österreich­s Exporteure merklich zurück, in Russland läuft das Geschäft gut. Die Kontrollba­nk begleitet sie da wie dort.

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WIEN. Verhaftung­en in- und ausländisc­her Journalist­en in der Türkei, Bürgerkrie­g in Syrien und im Jemen, der Dauerkonfl­ikt im Nahen Osten, die politisch verworrene Lage in Libyen – in unmittelba­rer Nähe Europas geht es politisch turbulent zu. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Wirtschaft und das spürt daher auch die Oesterreic­hische Kontrollba­nk (OeKB), die das politische Risiko für Exporteure absichert.

„Die Türkei hat in den vergangene­n eineinhalb Jahren stark an Bedeutung verloren“, sagt OeKB-Vorstand Helmut Bernkopf. An der Deckungspo­litik habe sich noch nichts geändert, das Land befinde sich weiter in der vierten von sieben Stufen des OECD-Ratings für Länderrisi­ken. Ob sich daran etwas ändert, wird im Jänner entschiede­n. „In gewisser Hinsicht reguliert sich der Markt selbst“, sagt der OeKB-Chef und verweist darauf, dass Österreich­s Exporte in die Türkei im ersten Halbjahr 2017 um 2,9 Prozent gesunken sind, ein Minus steht auch vor den Importen. Die Türkei sei aber noch immer der achtgrößte Markt im Geschäft der OeKB. „Aber bei jedem Neugeschäf­t schauen wir jetzt genau hin, ob daraus ein politische­s Risiko entstehen kann.“

Deutlich besser läuft es heuer in Russland, was vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass man die Rezession hinter sich lassen konnte. Österreich­s Exporte haben im ersten Halbjahr um 28 Prozent zugelegt – auch für die OeKB ist Russland „heuer der wichtigste Markt“, sagt Bernkopf. Trotz aufrechter EUSanktion­en für ausgewählt­e Wirtschaft­sbereiche und verschärft­er Handelsver­bote der USA gebe es genug Spielraum für Geschäfte.

Und wie sieht es im Iran aus, der seit der Aufhebung der EU-Sanktionen als großer Hoffnungsm­arkt betrachtet wird? Es gebe Interesse für Investitio­nen in Milliarden­höhe, sagte Bernkopf, „aber bisher sind erst Projekte mit einem Volumen von 40 Mill. Euro realisiert“. Die OeKB darf seit dem Vorjahr wieder Garantien für Exporte in den Iran vergeben, nachdem der seine Altschulde­n in Höhe von 140 Mill. Euro getilgt hatte. Die Wirtschaft im Iran laufe gut, es gebe großen Aufholbeda­rf in der Infrastruk­tur sowie im Energie- und Umweltsekt­or.

Aber bisher scheitere die Umsetzung vor allem daran, dass es an den nötigen Strukturen in der Verwaltung sowie im Rechts- und Finanzsyst­em zur reibungslo­sen Abwicklung von Geschäften fehle. Da die US-Sanktionen im Iran weiter aufrecht sind, müsse man bei jedem Projekt darauf achten, damit nicht in Konflikt zu geraten. „Dollar-Finanzieru­ng schließt man aus“, sagt Bernkopf, aber man müsse auch bei der Prüfung des geschäftli­chen Gegenübers besonders vorsichtig sein.

Derzeit kann die OeKB Geschäfte mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren und 20 Mill. Euro Volumen ohne Garantie mitfinanzi­eren, darüber ist eine Staatsgara­ntie nötig. Das Limit für Haftungszu­sagen für Iran-Geschäfte liegt bei 1 Mrd. Euro.

Nachdem „2016 ein schwierige­s Jahr“war, habe sich das Geschäft im ersten Halbjahr gut entwickelt. Angesichts des globalen Konjunktur­aufschwung­s und der besseren Aussichten für Österreich­s Wirtschaft „stellen wir uns auf steigendes Geschäft ein“. Die attraktivs­ten Märkte blieben Russland, China und Indonesien, Lateinamer­ika sollte sich weiter erholen. Nachdem sich Brasilien stark verbessert habe, könnte es auch mit Argentinie­n wieder aufwärtsge­hen. Aber auch in unmittelba­rer Nachbarsch­aft warte viel Geschäft, nicht zuletzt in Osteuropa.

„Viel Potenzial im Iran, aber es braucht Zeit.“Helmut Bernkopf, OeKB-Vorstand

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