Kurz hält sich alle Optionen offen
Diesmal fand der prophezeite Sieg statt. ÖVP-Chef Sebastian Kurz zeigt sich überwältigt und wird wie ein Held gefeiert. Wie ein Sieger gefeiert wird auch der abgewählte Kanzler Christian Kern. Die FPÖ sendet unterschiedliche Signale aus. 79,3
Wahlsieger Sebastian Kurz zeigte sich am Wahlabend im ÖVPFestzelt unter dem frenetischen Jubel seiner Anhänger überwältigt von dem Ergebnis. „Es ist ein unglaubliches Gefühl, wir haben das Unmögliche möglich gemacht“, bejubelte er den ersten Wahlsieg der Volkspartei seit 2002.
Er nehme die Verantwortung mit „großer Demut“an, sagte Kurz, hütete sich aber davor, sich auf eine Koalitionsvariante festzulegen. Er hielt sich am Wahlabend alle beiden Optionen – eine Koalition mit der FPÖ oder der SPÖ – offen. Das taten auch die ÖVP-Landeshauptleute. Vielmehr kam der Appell – etwa von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer –, jetzt Gräben zuzuschütten und Brücken zu bauen.
Fix ist, dass Kurz den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Das hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen – falls sich der Wahlsieg der ÖVP auch nach Auszählung der Wahlkarten bestätigt – bereits angekündigt. Am wahrscheinlichsten erscheint eine Koalition von ÖVP und FPÖ. Der freiheitliche Vizeparteichef Norbert Hofer sagte dazu im Wahlstudio der Bundesländerzeitungen: „Wichtig ist es jetzt, dass wir uns selbst treu bleiben. Es ist sicher leichter, sich mit der ÖVP auf eine Regierung zu einigen, mit der SPÖ ist das schwieriger.“
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache befürchtet dagegen, dass die rot-schwarze Koalition fortgesetzt werde. Er wisse nicht, was das Wort von SPÖ-Chef Christian Kern wert sei, beim Verlust des ersten Platzes in die Opposition zu gehen, sagte Strache. SPÖ-Chef Kern konterte mit: „Pure Spekulation.“Er verwies auf die Überschneidungen in den Programmen von ÖVP und FPÖ.
Empfangen wurde der SPÖ-Chef vom roten Parteivolk jedenfalls wie ein Sieger. Die Losung, die er unter lautstarken „Yes, we Kern“-Rufen ausgab: „Ab Montag dafür zu sorgen, dass wir wieder die Nummer eins werden.“Es sei gewiss nicht das Wahlergebnis, das er sich gewünscht habe, sagte Kern. Österreich erlebe einen massiven Rechtsruck. „Aber ich denke, wir haben uns wirklich ordentlich geschlagen, sagte Noch-Kanzler Kern. Auch zum Stichwort Rechtsruck äußerte sich FPÖ-Mann Hofer: „Einteilungen in rechts und links sind, wenn man die Parteiprogramme liest, obsolet. Man muss der Vernunft den Vorrang vor der Ideologie geben.“
Und wie sieht es mit einer Fortführung der Großen Koalition aus? Der nach wie vor starke Mann in der SPÖ, Wiens Bürgermeister Michael Häupl, sieht die Sache so: „Man muss mit dem Ergebnis zufrieden sein.“Er wäre nicht dafür, dass die SPÖ Gespräche mit der ÖVP verweigert, „aber dass man nach diesem Wahlkampf zusammenkommt, ist mir persönlich ein Rätsel“.
Es ist es in vielen Beziehungen ein historisches Wahlergebnis. Direkt abgewählt wurde ein von der SPÖ gestellter Kanzler noch nie. Und im Gegensatz zu Umfragen bei früheren Wahlen lagen die Institute diesmal ziemlich richtig. ÖVP-Chef Sebastian Kurz holte den erwarteten Sieg nach Hause, legte gegenüber der 2013er-Wahl um rund acht Prozentpunkte zu und erreichte ein Ergebnis jenseits der 30-ProzentMarke. Die SPÖ landete bei einem Wert rund um das (historisch schlechteste) 2013er-Ergebnis. Die FPÖ legte zu – und knüpfte an ihr bisher bestes Ergebnis aus dem Jahr 1999 an. Groß war das Aufatmen bei den Neos, die den Wiedereinzug geschafft haben, wenn sie auch von der erhofften Zweistelligkeit weit entfernt sind. In Glück schwimmt die Liste Pilz, die es in den Nationalrat geschafft hat und nun einen neuen Namen bekommen soll. Namenloses Entsetzen herrscht hingegen bei den Grünen, die beim vorläufigen Ergebnis aus dem Parlament fliegen.