Kein „Unkraut“: Die Neos jubeln über den vierten Platz
Regierungsbeteiligung und Zweistelligkeit – diese Hoffnung ist zerflossen. Warum die Pinken trotzdem froh sind.
WIEN. Mit der erhofften Zweistelligkeit ist es nichts geworden. Mit der ersehnten Regierungsbeteiligung wird es auch nichts. Dennoch hatten die Neos am Sonntag Grund zum Jubeln. Denn mit dem neuerlichen Einzug in den Nationalrat sind sie endgültig aus dem Schatten ihrer Vorgängerpartei Liberales Forum getreten, die sich als politische Episode erwiesen hat. Die Neos hingegen konnten sich am Sonntag fest in der Parteienlandschaft etablieren und sind nun sogar viertstärkste Kraft im Parlament.
Möglich wurde dies durch einen fehlerfreien Wahlkampf, in dem sich die Pinken auf wirtschaftsliberale und bildungspolitische Themen konzentrierten und gesellschaftspolitische Fragen weitgehend ausklammerten.
Parteichef Matthias Strolz zeigte sich am Wahlabend zufrieden. „Wir haben heute einen Wachstumsschritt gemacht“, sagte der 44-jährige Vorarlberger im Wahl-TV der Bundesländer-Zeitungen. Das Ergebnis sei sehr erfreulich. Man werde im Parlament eine pro-europäische Oppositionspolitik betreiben, und das werde auch dringend notwendig sein, sagte Strolz in Anspielung auf die sich abzeichnende schwarz-blaue Koalition. Dass es mit der erhofften Zweistelligkeit nichts geworden ist, sieht Strolz auch positiv: „Es gibt ein organisches Wachstum, das ist gut. Nur Unkraut wächst schnell.“
Zur politischen Gesamtlage sagte der Neos-Chef, in Österreich gebe es einen Rechtsruck, der dem Land nicht guttun werde. Das Wahlergebnis markiere einen Schritt in Richtung eines „autoritären Staatsverständnisses“.
Die prominenteste Mitstreiterin von Strolz, die frühere Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss, sprach von einem tollen Erfolg für die Neos. Die Partei habe sich in ganz Österreich als politische Kraft etabliert, man werde nun auch bei den kommenden Landtagswahlen mit ihnen zu rechnen haben. Von den fast 20 Prozent, die Griss bei der Bundespräsidentenwahl im Vorjahr erreicht hatte, blieben die Neos freilich am Sonntag meilenweit entfernt. Nicht einmal als Mehrheitsbringer für Verfassungsänderungen kommen sie für die nächste Regierung infrage.
Was die Zusammensetzung dieser Regierung betrifft, sind die Neos ratlos. Ihre Wiener Parteichefin Beate Meinl-Reisinger sagte, man wolle nicht die FPÖ in der Regierung, denn das sei europapolitisch problematisch. Man wolle aber auch nicht die Fortsetzung der Großen Koalition, denn das bedeute eine Fortsetzung des Stillstands.