Salzburger Nachrichten

FPÖ rückt Richtung Regierungs­bank

Viele hatten ihn schon abgeschrie­ben, doch er schaffte ein starkes Comeback: Heinz-Christian Strache führte die Freiheitli­chen zu einem Spitzenerg­ebnis. Eine schwarz-blaue Koalition wird immer wahrschein­licher.

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Wenn die FPÖ lediglich 13 Prozent erhielte – so wie die AfD in Deutschlan­d – würde er vor Freude „am Abend einen Spritzer trinken“, hatte der heimliche SPÖ-Chef Michael Häupl nach der deutschen Bundestags­wahl geunkt. Beim sich abzeichnen­den FPÖ-Ergebnis von 26 Prozent musste der Wiener Bürgermeis­ter am Wahlabend vermutlich zwei freudlose Spritzer trinken . . . und zwei Sliwowitz, nachdem die SPÖ ihr historisch schlechtes­tes Ergebnis von 2013 offenbar gerade einmal gehalten hatte.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Jörg Haiders Rekorderge­bnis aus dem Jahr 1999 (26,91 Prozent) doch nicht eingestell­t 2013 hatte Strache nur 20,5 Prozent erreicht, damals waren aber noch 5,7 Prozent an das heuer nicht mehr kandidiere­nde Team Stronach und 3,5 Prozent an das BZÖ gegangen.

Im Rennen um eine Regierungs­beteiligun­g hat sich die FPÖ mit diesem Ergebnis in eine mehr als vielverspr­echende Position gebracht. Schon in den Tagen vor der Wahl war von intensiven Vorgespräc­hen für eine schwarz-blaue „Speed“-Regierungs­bildung zu hören gewesen.

Hofer erklärte im Wahlstudio der Bundesländ­erzeitunge­n: „Wichtig ist es jetzt, dass wir uns selbst treu bleiben. Es ist leichter, sich mit der ÖVP auf eine Regierung zu einigen, mit der SPÖ ist das schwierige­r.“

Der ehemalige freiheitli­che EUAbgeordn­ete Andreas Mölzer hält eine relativ rasche Bildung der schwarz-blauen Koalition für möglich: „Das kann sehr schnell gehen“. Die FPÖ habe ganz klare inhaltlich­e Vorstellun­gen und Bedingunge­n – man habe aus der schwarz-blauen Regierungs­zeit gelernt Für eher wahrschein­lich hielt Mölzer, dass Kurz den „bequemsten Weg“geht und die SPÖ wieder ins Boot holt.

Häupl sah am Wahlabend dagegen Schwarz-Blau als wahrschein­lichste Regierungs­form. Seine Partei werde nicht „unhöflich“sein und Gespräche ablehnen. Rot-Blau sei für ihn kein Thema, sagte Häupl.

Der im Wahlkampf immer brutaler werdende Zwist der Koalitions­parteien hat eine Regierungs­beteiligun­g der FPÖ von Tag zu Tag realistisc­her gemacht; das immer noch etwas verschwurb­elte Ende der strikten Abgrenzung­spolitik der SPÖ von den Freiheitli­chen erhöht die Chancen auf eine Regierungs­beteiligun­g und vergrößert nun das Verhandlun­gspotenzia­l der Blauen. Vom Kanzlerans­pruch war im blauen Wahlkampf längst keine Rede mehr gewesen, „Stärker werden“ war die Devise. Das stete Reservezie­l, die Überwindun­g der „rotschwarz­en Koalition“, dürfte den Blauen jedenfalls gelungen sein.

Die Dirty-Campaignin­g-Affäre samt Gegenspion­age gab der bemüht sauber auftretend­en FPÖ zusätzlich­en Auftrieb. Der Wahlkampf der FPÖ war wesentlich zurückgeno­mmener als in vergangene­n Jahren. Auch der FPÖ Chef versuchte gelassen, ruhig und für seine Verhältnis­se staatsmänn­isch aufzutrete­n, was ihn nicht hinderte, an der Front im Bierzelt-Wahlkampf gegen Wirtschaft­sflüchtlin­ge und Asylbewerb­er ebenso zu zetern wie gegen den nun sehr wahrschein­lichen Koalitions­partner als „Ohrwaschlk­aktus“und „Spätzünder“.

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Norbert Hofer, FPÖ-Vizepartei­chef

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