Van der Bellen will Kurz beauftragen
Der Bundespräsident folgt den Usancen und leidet mit seiner früheren Partei.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat angekündigt, ÖVP-Chef Sebastian Kurz mit der Bildung einer künftigen Bundesregierung zu beauftragen, sollte sich das momentane Wahlergebnis nach Auszählung aller Wahlkartenstimmen bestätigen. Denn Kurz sei dann der „eindeutige Wahlsieger“, so Van der Bellen am Wahlabend.
Auf die Frage, ob Kurz mit der zweitstärksten Partei – der SPÖ – eine Koalition eingehen solle, antwortete Van der Bellen, dies werde er mit dem Außenminister besprechen. Das Wahlergebnis sei für ihn „in Teilbereichen“überraschend. Zum Abschneiden seiner ehemaligen Partei, der Grünen, erklärte Van der Bellen: „Das tut weh, das ist schon schmerzhaft.“
Das weitere Prozedere sieht folgendermaßen aus: Die Regierung wird morgen, Dienstag, dem Bundespräsidenten ihren Rücktritt anbieten. Das ist nach einer Wahl so Tradition. Ebenso Tradition ist, dass der Bundespräsident die Demissionierung ablehnt und die Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betraut, bis die neue Regierung gebildet ist.
Inzwischen werden seine Gespräche mit den Spitzenvertretern der Parteien beginnen, kündigt Van der Bellen an. Nicht ausgeschlossen sei es, dass er einzelne Ministerkandidaten ablehnen könnte. „Das ist das Recht des Bundespräsidenten, wenn er aus bestimmten Gründen kein Vertrauen zu einer Person hat“, erläuterte Van der Bellen. „Die Rolle des Bundeskanzlers ist es, Personen vorzuschlagen, aber die Betonung liegt auf Vorschlag.“– Im Vorfeld der Wahl hatte es Mutmaßungen gegeben, dass der Bundespräsident bei einer Regierungsbeteiligung der FPÖ einen blauen Außenminister ablehnen könnte. Immerhin ist der einzige Wunsch, den Van der Bellen bisher in Sachen Koalitionsbildung geäußert hat, dieser: „Eine proeuropäische Regierung“.
Die FPÖ hat tatsächlich im Wahlkampf ihr Interesse am Außenamt angemeldet. Als echte Koalitionsbedingung nannte sie aber das Innenministerium.
Im Präsidentschaftswahlkampf 2016 hatte Van der Bellen mit der Überlegung für Aufregung gesorgt, einen FPÖ-Bundeskanzler um jeden Preis verhindern zu wollen. Mittlerweile hat sich das Verhältnis zwischen ihm und den Blauen aber etwas entkrampft.