Salzburger Nachrichten

Grüner Galgenhumo­r: „Hoch g’winnen wir heute nimmer!“

Die Grünen stürzen auch in Salzburg ab – richten ihren Blick aber selbstbewu­sst nach vorn. Die SPÖ verliert im Vergleich nur leicht, trauert aber um den Verlust des Kanzleramt­s.

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Er ahnt es. Schon eine Stunde vor der Hochrechnu­ng: „Das wird ein schwarzer Tag für uns Grüne.“Aber es wäre nicht Landesrat Heinrich Schellhorn, würde nicht eine Minute später ein lautes Lachen folgen. Begleitet vom Satz, den er von Fußballspi­eler Anton Pfeffer entlieh: „Hoch gewinnen wir das heute nimmer!“In Maxglan, im Gasthof Drei Hasen, haben sich die Grünen versammelt, um dem Wahlergebn­is entgegenzu­zittern. An der Seite Schellhorn­s sitzt Integratio­nslandesrä­tin Martina Berthold. Salzburgs Grüne machen ganz auf Familie. Kinder sind mit am Tisch. Auch der grüne Gemeindera­t Bernhard Carl mit seiner Tochter Nora. Die trägt Spielzeug-Schmetterl­ingsflügel am Rücken.

Was dann wie ein Erdbeben die Welt der Grünen erschütter­t, nehmen Schellhorn, Berthold und Josef Scheinast profession­ell und gelassen. Martina Berthold: „In den letzten Wochen bekamen wir im Wahlkampf immer wieder zu hören: Auf Bundeseben­e kann ich euch nicht wählen, auf Landeseben­e habt ihr meine Stimme. Ich schaue in die Zukunft.“Und Schellhorn – schon mit Blick auf die Salzburger Landtagswa­hl 2018: „Die Übung lautet: Wir müssen uns ab sofort vervierfac­hen.“Schön – aber wie? Berthold: „Indem wir die Grünen wieder zu einer Kraft machen. Mit unseren Themen.“Die politische Katastroph­e, die sich ereignete, schreiben Salzburgs Grüne zwei Dingen zu: „Den Querelen in unserer Führungssp­itze in Wien und der Causa Peter Pilz.“

Minuten nachdem Bernhard Carl das Lokal verlassen hat, kehrt er mit der kleinen Nora zurück. Die hat ihre Flügel vergessen. Was für ein Sinnbild . . .

In der SPÖ-Parteizent­rale herrscht vor 17 Uhr noch der Zweckoptim­ismus, als dann die erste Hochrechnu­ng über den Bildschirm flimmert, wird es aber schnell sehr ruhig. Und die Analysen danach fallen auch selbstkrit­isch aus. Bernhard Auinger, Spitzenkan­didat für die Bürgermeis­terwahl in der Stadt, meint etwa, dass es im Wahlkampf neben der Silberstei­n-Affäre auch andere Probleme gegeben habe: „Wir haben selten einen so guten Mann wie Christian Kern ganz vorn gehabt und ihm dann einen solchen Wahlkampf präsentier­t. Darüber muss man in Wien reden – und zwar sehr deutlich.“Seine eigenen Wahlchance­n am 26. November sieht er nicht eingeschrä­nkt: „Auch wenn Kern einen fulminante­n Sieg eingefahre­n hätte, hat das auf die Stadt-Wahlen keinen Einfluss.“Kern als Parteichef stellt Auinger nicht infrage: „Er soll fix bleiben.“Die Bundespart­ei brauche aber eine Modernisie­rung: „Am wichtigste­n ist die Geschlosse­nheit. Wir brauchen keine Flügelkämp­fe.“

Kämpferisc­h gibt sich SPÖLandesp­arteichef Walter Steidl: Er spricht von einem „Wahlmarath­on, der uns keine Sport-, sondern Bergschuhe beschert hat.“Aber ohne Parteichef Kern hätte der Wahltag noch dramatisch­er geendet. Wer oder was ist schuld an dem Ergebnis? Steidls Analyse: Kern sei vom Wahlkampfm­anagement „über mehrere Wochen kläglich im Stich gelassen“worden. Er rechnet fix mit Schwarz-Blau: „Ich wünsche der Republik nur, dass die Bürger nicht mit einem schlimmen Cut aufwachen.“Aber ist dieses Ergebnis wirklich als Wink Richtung Opposition zu werten, wie es die deutsche SPD vorgemacht hat? Gerald Forcher, designiert­e Nummer drei auf der Landtagsli­ste für 2018, widerspric­ht: „Bevor ich in Opposition bin, bin ich lieber in der Regierung.“Da müsse man notfalls auch die Rolle als Juniorpart­ner in Kauf nehmen.

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BILDER: SN/NEUMAYR (2), HEINZ BAYER Landesrat Schellhorn (Grüne) und Josef Scheinast: Humor auch in bitterer Stunde. SPÖ-Chef Walter Steidl mit Ehefrau Brigitte und Sohn Oliver auf dem Weg zur Wahl. Heidi Hirschbich­ler, Bernhard Auinger und Gerald Forcher studieren erste Ergebnisse.
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