Die grüne Wahlschlappe ist hausgemacht
Warum haben die Grünen eigentlich keine Stammwähler, die ihnen das politische Überleben sichern?
Die Grünen verstehen die Welt nicht mehr. Die Wählerinnen und Wähler haben die einst erfolgreichste Grün-Partei Europas gnadenlos aus dem Nationalrat gefegt. Wenn die Ökos aus ihrer Schockstarre erwacht sind und die Gründe analysieren, werden sie bemerken, dass sie sich um diese Wahlschlappe redlich bemüht haben.
Es kann ja keine Rede davon sein, dass grüne Themen in der Bevölkerung keine Rolle mehr spielen, in einer Zeit, in der sich die Staaten der Welt darauf einigten, den Kohlendioxidausstoß auf null zu senken, weil sonst der Klimawandel außer Kontrolle gerät. In einer Zeit, in der über Fahrverbote für Dieselautos in städtischen Ballungsgebieten nachgedacht wird, weil die Luft dort zu stark belastet ist. In einer Zeit, in der über ein Verbot des Herbizids Glyphosat debattiert wird, weil es im Verdacht steht, gesundheitsschädlich zu sein. In einer Zeit, in der mehr als 500.000 Personen ein Volksbegehren gegen das Freihandelsabkommen CETA unterschrieben haben.
Es muss also andere Ursachen haben, dass die Bürgerinnen und Bürger an den Grünen nicht mehr interessiert sind. Möglicherweise, weil sie vor allem in gesellschaftspolitischen Fragen von der Migrationspolitik bis zur Sozialpolitik weit nach links gerückt sind und Positionen bezogen haben, die nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung gutheißt. Und die, etwa in der Frage des politischen Islam, zum Zerwürfnis mit Peter Pilz geführt haben.
Dazu kommt, dass bei den Grünen im vergangenen Jahr alles schiefgelaufen ist, was schieflaufen kann. Der Wahlsieg Alexander Van der Bellens hat der Partei die Chance genommen, während dessen Wahlkampf politisch aktiv zu sein und das grüne Profil zu stärken. Nach der Wahl sind viele Kommunikationsund Strategieexperten der Ökos mit Van der Bellen in die Hofburg gewechselt. Der Streit mit den Jungen Grünen, die dann die Partei verließen, und der überraschende Rücktritt der ehemaligen Bundessprecherin Eva Glawischnig taten ein Übriges. Dazu kam der Wahlkampf, der sich darauf zuspitzte, wer die Nummer eins in Österreich sein wird. Da wurden die alten Bruchlinien bei den Grünen sichtbar. Die bürgerlichen Grünen, einst Vereinte Grüne Österreichs, zog es zur ÖVP. Die linken Grünen, einst Alternative Liste, zog es zur SPÖ. Das ist der eigentlich alarmierendste Befund. Nach 31 Jahren im Parlament haben es die Grünen nicht geschafft, eine Stammwählerschaft aufzubauen, die ihr politisches Überleben in schwierigen Zeiten absichert.