„Ich möchte einen neuen Stil“
Wahlsieger Sebastian Kurz verrät den SN, welche Veränderungen er bewirken will.
SN: Wie geht es in den kommenden Tagen weiter? Sebastian Kurz: Ich bin den Wählerinnen und Wählern unendlich dankbar, dass sie uns mit einem so starken Vertrauen ausgestattet haben. Ich sehe das als klaren Auftrag, eine Veränderung in Österreich zu bewirken. Und ich werde mit voller Kraft daran arbeiten, diese Veränderung zustande zu bringen. SN: Welche Veränderung? Wir haben klare inhaltliche Vorstellungen. Erstens, einen schlankeren Staat zu schaffen, um die Steuerlast zu reduzieren. Zweitens, alles zu tun, dass unser Sozialstaat treffsicherer wird. Und drittens, gegen illegale Migration anzukämpfen. Mir geht es darum, unsere Ziele, die ja auch von den Wählerinnen und Wählern gewünscht wurden, Realität werden zu lassen. SN: Mit welchem Koalitionspartner? Gemeinsam mit dem Bundespräsidenten werde ich den Wahlausgang und die Zukunftsfragen unseres Landes besprechen. Sollte er mir einen Regierungsbildungsauftrag erteilen, werde ich mit allen anderen im Parlament vertretenen Parteien Gespräche führen. SN: Wer ist denn die erste Wahl als Gesprächs- und Koalitionspartner? Jetzt warten wir einmal den Regierungsbildungsauftrag ab. SN: Ist eine schwarz-blaue Regierung wahrscheinlicher als eine rot-blaue? Das sind Spekulationen, an denen ich mich nicht beteilige. Für mich ist klar, dass ich einen neuen politischen Stil etablieren möchte. SN: Worin soll dieser neue Stil bestehen? In all den Jahren meiner Tätigkeit habe ich immer auf Sachpolitik gesetzt. Ich habe andere nicht angepatzt oder schlechtgemacht, sondern immer versucht, mit eigenen Ideen zu überzeugen. Die Menschen in Österreich haben das Hickhack, den Streit, das gegenseitige Anpatzen satt. Und ich hoffe, dass andere auch bereit sind, diesen respektvolleren, wertschätzenderen Umgang miteinander in der Politik zu übernehmen. Diese endlosen Grabenkämpfe sind nicht nur für uns Politiker, sondern auch für die politische Kultur in unserem Land schädlich. SN: Sie haben im Wahlkampf angedeutet, dass es neue Wege bei der Regierungsbildung geben könnte. Etwa eine ÖVPMinderheitsregierung? Es gibt viele Optionen, aber mein Plan ist es, eine stabile Regierung mit einer stabilen parlamentarischen Mehrheit zu schaffen. SN: Die SPÖ will überraschenderweise mit allen Parteien Gespräche führen. Befürchten Sie die Möglichkeit einer SPÖFPÖ-Regierung? Ich beteilige mich nicht an Spekulationen. Der Bundespräsident ist am Wort, und das ist auch gut so. SN: Gibt es Schlüsselressorts, auf die die ÖVP in einer Regierung nicht verzichten würde? Ich führe Regierungsverhandlungen nicht über die Medien. Und ich halte mich mit Bedingungen zurück. Die Koalitionsverhandlungen sollten partnerschaftlich sein. SN: Würde nicht etwa ein freiheitlicher Außenminister im Ausland Irritationen auslösen? Jetzt warten wir einmal den Regierungsbildungsauftrag und die Verhandlungen ab. Was internationale Reaktionen betrifft, bin ich überwältigt von den zahlreichen Gratulationen, die ich in den letzten 24 Stunden erleben durfte. Einer der Ersten, die mich kontaktiert haben, war der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der die Chance sieht, die österreichisch-israelischen Beziehungen weiter zu stärken. Ich hatte Telefonate mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, der britischen Premierministerin Theresa May, mit den Spitzen der EU, Juncker und Tusk, und mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Das Wahlergebnis wird in Europa und darüber hinaus sehr positiv wahrgenommen.