Lügen haben kurze Beine, aber einen ziemlich langen Arm
Nun, da der schmutzige und hitzige Wahlkampf vorbei ist, ist es an der Zeit, einen Blick auf den neuen Kalten Krieg zu werfen.
Ja, es gibt eine Welt außerhalb der kleinen österreichischen. Nicht nur hier im glücklichen Herzen Europas fliegen die Hackln und Intrigen tief. Nicht nur hier kommen die Balken kaum mit dem Biegen nach, wenn Politiker in wohlgedrechselten Worten ihre eigene Version von Wahrheit unters Volk bringen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da freute sich der internationale Journalismus über eine ganz famose Einrichtung, die versprach, hinter die Kulissen zu blicken und die Machenschaften „der Mächtigen“bloßzustellen. WikiLeaks feierte mit den Enthüllungen über grausamste Menschenrechtsverletzungen im Irak und in Afghanistan, begangen durch amerikanische Truppen, Publikationserfolg um Publikationserfolg. Endlich, so schien es, brachte da jemand zustande, was Journalisten mit den Mitteln normaler Recherche nicht gelungen ist.
Journalisten auf der ganzen Welt glaubten ehrlich, dass all diese Dokumente, die da „geleakt“ wurden, also durchgesickert sind, einfach echte berichtenswerte „news“seien. Diese Überzeugung wurde noch zusätzlich davon befeuert, dass es ja gegen einen in aller Welt unbeliebten und verachteten US-Präsidenten namens George W. Bush ging. Niemand kam auf die Idee, etwas tiefer zu bohren und die Frage zu stellen, wer denn hinter WikiLeaks und Julian Assange stehe.
Dabei war es doch recht einfach. Man musste nicht nur schauen, was WikiLeaks so alles veröffentlichte. Man musste auch einmal schauen, was WikiLeaks eben nicht im Programm hatte und hat. Kein Wort über irgendeinen anderen „Bösewicht“in der Welt. Nicht eine einzige Enthüllung über Unterdrückung der Meinungsfreiheit irgendwo, nichts über Morde an Oppositionellen in Russland, nichts über die miese Behandlung von Künstlern und Dissidenten in China. Die gesamte Energie von WikiLeaks richtete sich auf die USA.
Das konnte einerseits Feigheit sein, denn in den USA werden Leute, die Staatsgeheimnisse ausplaudern, zwar vor Gericht gestellt, aber nicht liquidiert, wie anderswo. Es könnte aber auch sein, dass WikiLeaks ganz einfach gefördert oder gesteuert wurde und wird. Die Einmischung von WikiLeaks in den US-Wahlkampf durch die Publikation von Inhalten des E-MailVerkehrs der Demokraten legt eine Spur dorthin, wo das alles herkommen dürfte.
Auf einem Literaturfestival im englischen Cheltenham hat die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton ausgesprochen, was sich skeptische Zeitgenossen schon seit einiger Zeit denken: WikiLeaks sei Teil einer russischen Geheimdienst-Strategie im Rahmen eines neuen Kalten Kriegs. Clinton mag zu schwarz zeichnen, ein Warnruf ist ihr Vorwurf an Moskau aber allemal.