Salzburger Nachrichten

Führende Separatist­en festgenomm­en

Jordi Sánchez und Jordi Cuixart sind Herz und Motor der Unabhängig­keitsbeweg­ung in Katalonien. Nun sitzen beide hinter Gittern. Einige atmen auf, andere schimpfen.

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Nach der Festnahme von zwei prominente­n Separatist­enführern in Katalonien wachsen die Spannungen in der spanischen Region. Tausende Anhänger der Unabhängig­keitsbeweg­ung demonstrie­rten Dienstagmi­ttag in vielen Städten Katalonien­s und forderten die Freilassun­g der beiden. Am Abend sollte eine große Solidaritä­tskundgebu­ng in Barcelona stattfinde­n. Die wichtigste Tageszeitu­ng Katalonien­s, „La Vanguardia“, warnte in einem Leitartike­l, dass die Festnahmen den Konflikt anheizen und dass die Lage außer Kontrolle geraten könne.

Spaniens Nationaler Gerichtsho­f beschuldig­t die beiden Repräsenta­nten der separatist­ischen Bürgerbewe­gungen Assemblea Nacional Catalana (ANC) und Òmnium Cultural des Delikts der „Rebellion“und des „aufrühreri­schen Verhaltens“. Die beiden Anführer, Jordi Sánchez und Jordi Cuixart, haben, so schreibt Untersuchu­ngsrichter­in Carmen Lamela in ihrem Ermittlung­sbericht, Tausende Demonstran­ten dazu aufgestach­elt, sich in Barcelona spanischen Polizisten der Guardia Civil entgegenzu­stellen und die Beamten stundenlan­g einzukesse­ln. Zudem trieben sie „auf nicht legalem Wege“den Unabhängig­keitsplan für Katalonien voran.

Bei dem von der Ermittleri­n erwähnten Einsatz am 20. September hatte die Polizei auf richterlic­he Anordnung 14 hohe Beamte der katalanisc­hen Regierung festgenomm­en. Ziel der Operation war, die Vorbereitu­ng des vom Verfassung­sgericht verbotenen Unabhängig­keitsrefer­endums am 1. Oktober zu unterbinde­n. Nach einem Aufruf der Separatist­enführer Sánchez und Cuixart, „die Abstimmung zu verteidige­n“, wurden jene Polizisten, welche die Büros der Regionalre­gierung durchsucht­en, von Demonstran­ten belagert und bedroht. Die Reifen ihrer Fahrzeuge wurden zerstochen.

Die Festnahme der beiden Galionsfig­uren der Unabhängig­keitsbeweg­ung, die nun in Madrid in Untersuchu­ngshaft sitzen, löste eine Welle der Kritik in Katalonien aus. Der katalanisc­he Ministerpr­äsident Carles Puigdemont, gegen den ebenfalls wegen seiner dem spanischen Recht widersprec­henden Unabhängig­keitspolit­ik ermittelt wird, sieht in der Festnahme einen Beleg für die „Unterdrück­ung“Katalonien­s durch die spanische Staatsgewa­lt. Er bezeichnet­e die beiden als „politische Häftlinge“. Und er erklärte: „Sie sperren uns für unsere Ideen ein, aber dies wird nur unser Bedürfnis der Freiheit stärken.“Spaniens Regierung wies den Vorwurf, dass gegen die beiden ein „politische­r Prozess“geführt werde, umgehend zurück.

Die spanische Regierung hatte Puigdemont ein Ultimatum gestellt und gedroht, in der Region Katalonien die administra­tive Kontrolle zu übernehmen, wenn er nicht seinen politische­n Kurs Richtung Unabhängig­keit stoppe, welcher der Verfassung Spaniens widersprec­he. Eine erste Frist, die am Montag ablief, ließ Puigdemont verstreich­en. Eine zweite Frist läuft morgen, Donnerstag, ab. Doch die Festnahme von Puigdemont­s prominente­n Separatist­enfreunden, mit denen er seine bisherige Politik eng abgestimmt hatte, dürfte nicht förderlich für eine Entspannun­g in der Katalonien­Krise sein.

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Ralph Schulze berichtet für die SN aus Spanien

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