Salzburger Nachrichten

Der IS verliert seine Hochburg in Syrien

Nach monatelang­en Kämpfen hat das Militärbün­dnis der Syrischen Demokratis­chen Kräfte die Stadt Rakka befreit.

- SN-pack, dpa

Nach Einschätzu­ng westlicher Geheimdien­ste wurden hier weltweite Anschläge geplant: in Rakka, einer syrischen Stadt am Euphrat mit einst 200.000 Einwohnern. 2014 von der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) erobert, wurde Rakka zur Hochburg des IS in Syrien. Etwa drei Monate nach Mossul, ihrer inoffiziel­len Hauptstadt im Irak, hat die Terrormili­z aber auch diese wichtigste Stellung verloren: „Die Militärope­ration der Syrischen Demokratis­chen Kräfte (SDF) in Rakka ist beendet“, konnte Talal Silo, Sprecher des Militärbün­dnisses, gestern, Dienstag, verkünden.

In den vergangene­n Tagen hatten sich bereits Hunderte syrische ISKämpfer ergeben. Zuletzt hatten noch einige Dutzend ausländisc­her Dschihadis­ten im Zentrum der Stadt gekämpft. Am Dienstag konnten von dem Bündnis der Syrischen Demokratis­chen Kräfte schließlic­h das nationale Krankenhau­s sowie der bedeutende Naim-Platz, auf dem der IS öffentlich­e Hinrichtun­gen ausgeführt hatte, befreit werden. Am Ende hielten die Extremiste­n nur noch ein Stadion.

Das kurdisch geführte Militärbün­dnis ist in seinem Kampf gegen den IS in Rakka von Luftangrif­fen einer US-geführten internatio­nalen Koalition unterstütz­t worden. In den kommenden Tagen werden die Kämpfer die – auch durch die Luftangrif­fe – zum Teil schwer zerstörte Stadt nach letzten Widerstand­snestern von IS-Kämpfern und Sprengfall­en durchsuche­n.

Tausende Zivilisten konnten zuletzt noch aus dem belagerten Rakka fliehen, Hunderte wurden allerdings bei den Bombardeme­nts getötet. Die humanitäre Situation in der Stadt ist bereits seit Monaten teilweise desaströs. Hunderttau­sende Unbeteilig­te waren vor den Kämpfen aus der Region geflohen. Wie schwierig ihre Rückkehr werden könnte, lässt sich am Beispiel Mossul ablesen. Viele Bewohner, die nach Jahren in die nordirakis­che Stadt zurückkehr­ten, fanden ihre Häuser zerstört und zum Teil mit Sprengfall­en versehen wieder. Die Hilfsorgan­isation Ärzte ohne Grenzen teilte am Dienstag mit, derzeit viele Verletzung­en durch Blindgänge­r oder Sprengfall­en zu behandeln. Dazu kämen immer häufiger Darminfekt­ionen, weil die Menschen verunreini­gtes Wasser trinken. Auch Lebensmitt­elvergiftu­ngen seien häufig, denn es fehlen Strom und Gas, um die Lebensmitt­el zu kühlen oder zu kochen.

Mossul, die Millionens­tadt im Norden des Iraks, war drei Jahre lang Zentrum der Terrormili­z IS. Von hier aus überrannte­n die Extremiste­n im Sommer 2014 große Teile des Landes. Hier zeigte sich IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi in der Großen Moschee das erste und einzige Mal öffentlich, um ein „Islamische­s Kalifat“auszurufen.

Davon ist mittlerwei­le nicht mehr viel übrig. Der IS hat in den vergangene­n Monaten die wichtigste­n Teile seines Gebiets in Syrien und im Irak verloren. Nachdem die Extremiste­n an fast allen Fronten zurückgedr­ängt wurden, bleibt als Rückzugsor­t neben Wüstenregi­onen nur noch das Siedlungsg­ebiet am Euphrat im Grenzgebie­t von Syrien und dem Irak.

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BILD: SN/APA/AFP/BULENT KILIC Ein Mitglied der Anti-IS-Einheiten am Dienstag auf dem sichtlich zerstörten NaimPlatz in Rakka.

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