Die Welt nannte sie „Madam“
Helena Rubinstein, erste Selfmade-Frau, in einer Porträtausstellung.
WIEN. Das nennt man tüchtig. Helena Rubinstein (1870–1965) hat bei null begonnen. Als sie mit 94 Jahren starb, hinterließ sie ein Weltimperium mit 30.000 Mitarbeitern in 100 Ländern. Rund 1000 Produkte trugen ihren Namen. Heute gehört die Marke übrigens dem L’Oréal-Konzern. Ihre Wohnsitze in New York, London und Paris hatten kolossale Ausmaße, waren von den besten Architekten entworfen und mit feinsten Möbeln und exquisiten Kunstwerken gefüllt.
Helena Rubinstein hat ihr Geld gern ausgegeben, sagt Iris Meder, welche die Ausstellung im Jüdischen Museum kuratierte. Und dennoch blieb die Einmeterfünfzigdame bei allem Glamour und Geltungsbedürfnis das Mädchen aus Krakau samt slawischem Akzent. Sie kam mit dem Taxi ins Büro und hatte ihre legendären braunen Jausensackerl bei sich, in denen sie harte Eier, Hühnerschenkel, Krakauer Würste mitbrachte, und entlohnte den Taxler mit darob fettigen Dollarnoten.
Acht Schwestern waren es, die in kleinbürgerlicher Beengtheit im jüdischen Viertel von Krakau aufwuchsen. Helena, die älteste, verließ mit 16 das Elternhaus und zog nach Wien. Dort hatte sie eine Idee: Schönheitspflege und Schminke waren damals eher verpönt, doch Helena war davon besessen, dass Frauen durch individuelle Schönheit das Beste aus sich machen sollten. Sie wanderte nach Australien aus, arbeitete als Kindermädchen, doch fing sie an, eine eigene Creme herzustellen und auch aus Polen Cremen zu importieren. 1905 zog sie nach Paris, studierte bei einem Hautarzt und eröffnete ihren ersten Salon. 1908 folgte in London der zweite. 1914 emigrierte sie ob des Ersten Weltkriegs mit ihrer jungen Familie in die USA. 1932 eröffnete Rubinstein auch in Wien einen Schönheitssalon und erwarb von einer Wienerin die Lizenz für eine Weltneuheit: Erfindungsreich stellte Helena Rubinstein das erste wasserfeste Mascara auf der New Yorker Weltausstellung 1939 mit einem Wasserballett vor. Die Nazis bereiteten der Wiener Dependance ein Ende, auch in den USA bekam Rubinstein den Antisemitismus zu spüren. Als ihr aber aus Rassismus eine Wohnungsmiete verweigert wurde, kaufte sie kurzerhand das ganze Haus. Helena Rubinstein konnte vor dem Holocaust fast ihre ganze Familie in Sicherheit bringen, eine Schwester kam in Auschwitz um.
In Tel Aviv stiftete sie den „Helena Rubinstein Pavilion for Contemporary Art“und spendete Arbeiten aus ihrer Sammlung. Bis zuletzt kümmerte sich Helena Rubinstein um alles, vom Design bis zur Verpackung. Als sie 1965 starb, wurde sie in ihrem Lieblingskleid von Yves Saint Laurent begraben. Eine Frau, die unbeirrbar ihren Weg ging. Die Ausstellung mit rund 300 Exponaten bringt dieses Frauenleben nahe. Ausstellung: