Salzburger Nachrichten

Die Welt nannte sie „Madam“

Helena Rubinstein, erste Selfmade-Frau, in einer Porträtaus­stellung.

- Helena Rubinstein. Die Schönheits­erfinderin. Jüdisches Museum Wien, Judenplatz. Bis 6. Mai 2018

WIEN. Das nennt man tüchtig. Helena Rubinstein (1870–1965) hat bei null begonnen. Als sie mit 94 Jahren starb, hinterließ sie ein Weltimperi­um mit 30.000 Mitarbeite­rn in 100 Ländern. Rund 1000 Produkte trugen ihren Namen. Heute gehört die Marke übrigens dem L’Oréal-Konzern. Ihre Wohnsitze in New York, London und Paris hatten kolossale Ausmaße, waren von den besten Architekte­n entworfen und mit feinsten Möbeln und exquisiten Kunstwerke­n gefüllt.

Helena Rubinstein hat ihr Geld gern ausgegeben, sagt Iris Meder, welche die Ausstellun­g im Jüdischen Museum kuratierte. Und dennoch blieb die Einmeterfü­nfzigdame bei allem Glamour und Geltungsbe­dürfnis das Mädchen aus Krakau samt slawischem Akzent. Sie kam mit dem Taxi ins Büro und hatte ihre legendären braunen Jausensack­erl bei sich, in denen sie harte Eier, Hühnersche­nkel, Krakauer Würste mitbrachte, und entlohnte den Taxler mit darob fettigen Dollarnote­n.

Acht Schwestern waren es, die in kleinbürge­rlicher Beengtheit im jüdischen Viertel von Krakau aufwuchsen. Helena, die älteste, verließ mit 16 das Elternhaus und zog nach Wien. Dort hatte sie eine Idee: Schönheits­pflege und Schminke waren damals eher verpönt, doch Helena war davon besessen, dass Frauen durch individuel­le Schönheit das Beste aus sich machen sollten. Sie wanderte nach Australien aus, arbeitete als Kindermädc­hen, doch fing sie an, eine eigene Creme herzustell­en und auch aus Polen Cremen zu importiere­n. 1905 zog sie nach Paris, studierte bei einem Hautarzt und eröffnete ihren ersten Salon. 1908 folgte in London der zweite. 1914 emigrierte sie ob des Ersten Weltkriegs mit ihrer jungen Familie in die USA. 1932 eröffnete Rubinstein auch in Wien einen Schönheits­salon und erwarb von einer Wienerin die Lizenz für eine Weltneuhei­t: Erfindungs­reich stellte Helena Rubinstein das erste wasserfest­e Mascara auf der New Yorker Weltausste­llung 1939 mit einem Wasserball­ett vor. Die Nazis bereiteten der Wiener Dependance ein Ende, auch in den USA bekam Rubinstein den Antisemiti­smus zu spüren. Als ihr aber aus Rassismus eine Wohnungsmi­ete verweigert wurde, kaufte sie kurzerhand das ganze Haus. Helena Rubinstein konnte vor dem Holocaust fast ihre ganze Familie in Sicherheit bringen, eine Schwester kam in Auschwitz um.

In Tel Aviv stiftete sie den „Helena Rubinstein Pavilion for Contempora­ry Art“und spendete Arbeiten aus ihrer Sammlung. Bis zuletzt kümmerte sich Helena Rubinstein um alles, vom Design bis zur Verpackung. Als sie 1965 starb, wurde sie in ihrem Lieblingsk­leid von Yves Saint Laurent begraben. Eine Frau, die unbeirrbar ihren Weg ging. Die Ausstellun­g mit rund 300 Exponaten bringt dieses Frauenlebe­n nahe. Ausstellun­g:

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BILD: SN/JMW/L’OREAL/ARCHIV HELENA RUBINSTEIN Helena Rubinstein, ca. 1936.

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