Salzburger Nachrichten

Von „Fängern im Tauernrogg­en“und der „Farmer-Industrie“

Wer einem Traktor hinterherf­ährt, ist oft angefresse­n. Dabei sollte er dem Fahrer dankbar sein, dass er sich um unser Essen kümmert.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Herbst ist. Also Erntedank. Früher wurde das gefeiert. Heute wird oft gejammert. Was in diesen wunderschö­nen sonnigen Tagen sehr oft daran liegt, dass sich auf dem Land jetzt alle Bauern mit ihren Traktoren auf den Weg machen – um die Ernte einzufahre­n.

Danken tut den Bauern das heute fast niemand mehr. Sie werden bei ihrer Arbeit eher schief angeschaut. Daran erkennt man, dass in der Vergangenh­eit allerhand falsch gelaufen sein muss. Man erkennt das an den grimmigen Gesichtsau­sdrücken der Pkw-Lenker, wenn sie minutenlan­g hinter einem Traktor herfahren müssen. Vorsicht: Diese schlechte Laune kann anstecken. Die Teufelsküc­he ist gegen schlechte Laune immun. Meine Oma hatte selbst noch eine Landwirtsc­haft. Da lernt man als Kind: Bauern arbeiten hart, damit wir die Mittel zum Überleben erhalten. Deshalb heißen sie ja Lebensmitt­el. Anstatt dankbar zu sein, erzählt man sich schlechte Witze über Bauern.

Etwa diesen: „Was ist das? Am Sonntag stehen nach der Kirche zehn Mercedes S-Klasse und ein Suzuki-Jeep vor dem Wirtshaus? Wissen Sie nicht? Ganz einfach: Das ist der Bauern-Frühschopp­en, zu dem auch der Tierarzt eingeladen wurde.“Es sagt viel über eine Gesellscha­ft aus, wenn sie einem Bauern nicht vergönnt, einen Mercedes fahren zu dürfen.

In Frankreich ist das anders. Da ist der Bauer ein Star. Das fiel uns ganz besonders auf der Insel La Réunion auf. Das ist ein französisc­hes Übersee-Departemen­t im Indischen Ozean. Während der Zuckerrohr­ernte machten auf der Autobahn Überkopfwe­gweiser auf die aktuell stattfinde­nde Zuckerrohr­ernte aufmerksam. Da war etwa zu lesen: „Unsere Freunde, die Bauern, ernten Zuckerrohr. Passt gut auf sie auf.“Auf dieser Insel wird den Bauern während ihrer Arbeit applaudier­t. Immerhin wissen die Bewohner von Réunion, dass am Ende dieser Arbeit köstlicher Rum steht.

Was also tun, damit unsere Bauern den guten Ruf kriegen, der ihnen zusteht? Sie brauchen gutes Marketing. Bauern sind ja die Kraft am Land, sie haben also Power. Da läge eine Inszenieru­ng als „Bauer of Love“oder als „Flower Bauer“nahe. Um Intellektu­elle auf die Arbeit der Bauern aufmerksam zu machen, sollten wir das Gerücht streuen, Jerome D. Salingers Schlüsselr­oman „Der Fänger im Roggen“sei eine Auftragsar­beit der Landwirtsc­haftskamme­r zur Bewerbung des Tauernrogg­en. Nächster Schritt: Bio-Bauern zählen ab sofort zur Farmer-Industrie. Das würde auch so manche bestehende Apothekerp­reise erklären.

Kurz: Unsere Bauern sind super! Und sollten Sie wieder einmal am Land von einem Traktor eingebrems­t werden, dann denken Sie daran: Am Land mag es manchmal langsam zugehen – dafür ist in der Stadt der Stau die Regel.

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