Wer zu wenig schläft, verhält sich riskanter
Für bedenklich halten Schweizer Forscher, die die Untersuchung machten, dass das Verhalten den Betroffenen gar nicht bewusst ist.
ZÜRICH. Schlaf hat in Leistungsgesellschaften noch den Ruf, Zeitverschwendung zu sein. Doch die Wissenschaft arbeitet daran, das zu revidieren. Der Körper braucht die Ruhephase zur Regeneration, Gewebeschäden werden repariert und Heilungsprozesse aktiviert. In vielen Untersuchungen wurde bereits dargelegt, dass konstanter Schlafmangel sehr negative Auswirkungen hat: Die Gedächtnisleistung verringert sich, das Immunsystem arbeitet nicht richtig, der Stoffwechsel gerät aus dem Gleichgewicht. Wer nicht lange genug schläft, wird dick. Zu wenig Schlaf verändert unter anderem die Blutzuckerwerte und setzt das Reaktionsvermögen herab.
Schweizer Forscher der Universität Zürich (UZH) zeigten eine weitere Konsequenz: Menschen, die zu wenig schlafen, verhalten sich risikoreicher, ohne sich dessen bewusst zu sein. Die Schlaf- und Neuroökonomie-Wissenschafter untersuchten das Risikoverhalten von 14 gesunden männlichen Studenten im Alter von 18 bis 28 Jahren. Schliefen die Studenten eine Woche lang nur fünf Stunden pro Nacht, zeigten sie ein klar risikoreicheres Verhalten im Vergleich zu einer normalen Schlafdauer von etwa acht Stunden. Während eine einzelne Nacht ohne Schlaf keinen Einfluss auf die Risikobereitschaft hatte, verhielten sich 11 von 14 Studienteilnehmern während einer Woche mit reduzierter Schlafdauer signifikant risikoreicher. Die Wissen- schafter wiesen erstmals nach, dass eine niedrige Schlaftiefe im rechten präfrontalen Kortex direkt mit vermehrtem Risikoverhalten zusammenhängt. Das würde bedeuten, dass Verhaltensänderungen funktionell werden, weil sich diese Region in der Hirnrinde bei chronischem Schlafmangel nicht gut genug erholt.
Für bedenklich halten die Forscher vor allem dies: Die Studenten schätzten ihr Risikoverhalten gleich ein wie unter regulären Schlafbedingungen. „Wir bemerken selbst also nicht, dass wir unter Schlafmangel riskanter handeln“, sagt Christian Baumann, Professor für Neurologie der UZH und rät: Wer im Beruf Entscheidungen mit weitreichender Konsequenz treffen muss, sollte genug schlafen.