Viele Pensionisten wollen’s noch mal wissen
550 Menschen in Salzburg gönnen sich die Freude, in der zweiten Lebenshälfte zu studieren.
SALZBURG. Ältere Teilnehmer stellen die spannenderen Fragen. Das bekommt Urs Baumann von mehreren Professoren zu hören. Baumann leitet ein Angebot der Universität Salzburg, das sich „Uni 55-Plus“nennt und für Menschen in der zweiten Lebenshälfte konzipiert wurde. Die spannenderen Fragen der älteren Studierenden erklärt sich Baumann so: „Sie bringen eine Menge Lebenserfahrung mit. Zudem wählen unsere Teilnehmer aus, welche Lehrveranstaltungen sie interessieren. Sie machen nichts, was sie nicht interessiert, während die Jungen manchmal wo drin sitzen und sich fragen, ob sie da überhaupt richtig sind.“Urs Baumann ist selbst 75 Jahre alt und emeritierter Psychologie-Professor. Der Ruhestand ist seine Sache nicht. Also leitet er das Programm für Wissbegierige über 55, die ihren Horizont ohne Prüfungsdruck erweitern wollen. „Vor allem für Frauen, die früher weniger Bildungschancen hatten als Männer, bedeutet unser Angebot oft die Möglichkeit zu sagen: Endlich mach ich, was ich schon immer machen wollte.“Zwei Drittel der inskribierten Teilnehmer der „Uni 55-Plus“sind Frauen. „Bei manchen besteht die Motivation auch in der Kontaktmöglichkeit zu anderen. Vor allem aber ist es Wissensdurst. Studieren zum Selbstzweck, ein Luxus“, sagt Baumann.
Ist es dann nicht schade, wenn dieses Wissen von der Gesellschaft nicht genutzt wird? Von wegen, winkt Baumann ab. Die geistige Betätigung von älteren Menschen komme der Gesellschaft sehr wohl zugute. „Ernährung, körperliche und geistige Aktivität halten Menschen fit.“Auf diese Weise älter zu werden sei gesünder, belaste das Gesundheitssystem weniger und komme somit der gesamten Bevölkerung zugute. „Zudem: Die Lebenszufriedenheit wächst. Und zufriedenere Menschen sind umgänglicher“, resümiert Baumann. 550 haben sich für dieses Wintersemester wieder inskribiert – ein neuer Rekord. Die „Uni 55-Plus“feiert heute ihr fünfjähriges Bestehen.
Wer im dicken Veranstaltungsverzeichnis blättert, kann aus über 400 Angeboten wählen. Eine Ringvorlesung zum Thema „500 Jahre Reformation“findet sich da, ein paar Seiten weiter locken „Wege zum Musikverständnis“, dann geht es um „Architekturströmungen“, die etwa anhand der neuen Wohnbebauung in der Riedenburg besprochen werden. Und: Es gibt Exkursionen, die sich laut Urs Baumann neben den geisteswissenschaftlichen Vorlesungen besonderer Beliebtheit erfreuen. Die „Geologie des Salzburger Beckens“wird da etwa erforscht.
Die Inskriptionsfrist läuft noch.
„Sie besuchen nur, was sie interessiert.“