Salzburger Nachrichten

Das ist ein Wonnemonat für die FPÖ

Je mehr die ÖVP und vor allem die SPÖ um die Freiheitli­chen buhlen, desto salonfähig­er werden sie.

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Wie lange dürfen die Koalitions­verhandlun­gen dauern? FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagte kürzlich, er sehe keinen Grund zur Eile, und aus seiner Sicht kann man das völlig verstehen. Ihm und seiner Partei könnte gar nichts Besseres passieren, als dass die gegenwärti­ge Situation niemals endet.

Denn zwischen ÖVP und SPÖ ist ein Wettlauf um die Gunst der Blauen ausgebroch­en. Nachdem sie lange Zeit als politische Schmuddelk­inder hingestell­t wurden, muss das für die Freiheitli­chen eine fantastisc­he Erfahrung sein. Jede Gesprächsr­unde, zu der sie eingeladen werden, jede Aussage für eine schwarzbla­ue oder, besser noch, rot-blaue Koalition signalisie­rt: Diese Partei ist ebenso regierungs- wie salonfähig. Was kann sich Strache mehr wünschen?

Was des einen Freud, ist des anderen Leid. Und der Leidtragen­de des derzeitige­n Wonnemonat­s in Blau ist die Wiener SPÖ. Schon bei der Landtagswa­hl 2015 konnte sie gröbere Verluste nur dadurch abwehren, dass sie ein rot-blaues Kopf-an-Kopf-Rennen inszeniert­e und sich als Bollwerk gegen die blaue Gefahr darstellte. Was wunderbar funktionie­rte.

Aber auch bei der nächsten Wiener Landtagswa­hl wird die Wiener SPÖ wieder ein zündendes Wahlkampft­hema brauchen. Und eines steht fest: Der Zustand der Stadt Wien wird es eher nicht sein.

Bei der Wahl am vergangene­n Sonntag hatte man großes Glück. Der politische Selbstmord der Grünen spülte ausreichen­d Stimmen zur Wiener SPÖ, um ihr ein schönes Plus zu bescheren. Aber ob man immer ein derartiges Glück hat?

Daher ist es aus Sicht von Bürgermeis­ter Michael Häupl nur vernünftig, das bewährte „Wir oder die blauen Horden“zu hüten wie seinen Augapfel. Das Bemühen der Bundes-SPÖ, mit diesen Horden ins Regierungs­geschäft zu kommen, ist für die Wiener Genossen so gesehen extrem geschäftss­chädigend.

Doch auch die SPÖ-internen Befürworte­r von RotBlau agieren irgendwie verständli­ch. Sie wollen nicht in Opposition gehen (obwohl Christian Kern das im Falle von Platz zwei versproche­n hatte) und sie wollen auch nicht unter Sebastian Kurz den Juniorpart­ner spielen müssen. Bleibt nur Rot-Blau.

Aber war die SPÖ nicht immer strikt dagegen, dass die FPÖ in die Regierung kommt? Ach wo, denkt man in der Bundes-SPÖ jetzt offenbar. Das war doch nur Taktik, um Schwarz-Blau zu verhindern und den SPÖ-Kanzler zu pragmatisi­eren. – Womit man die Blauen rückwirken­d von allen Vorwürfen freisprich­t. Es ist wirklich ein Wonnemonat für sie.

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