SPÖ ringt um Linie zu den Freiheitlichen
Ex-Klubchef Cap ist offen für Gespräche mit der FPÖ. Andere sind völlig anderer Meinung.
Die Wahlkampfansage SPÖChef Christian Kerns, dass seine Partei bei einem Rückfall auf Platz zwei in Opposition gehen werde, scheint nicht mehr zu gelten. In der SPÖ ist ein Stimmengewirr ausgebrochen, in dem sich vier mögliche Richtungen ausmachen lassen: Koalitionsgespräche mit der FPÖ, Koalitionsgespräche mit der ÖVP, Koalitionsgespräche mit beiden Parteien – oder der Gang in die Opposition.
Klar gegen diese Option spricht sich der langjährige Mandatar und ehemalige SPÖ-Klubchef Josef Cap aus, der seit 1983 im Nationalrat saß und diesmal um wenige Hundert Stimmen seinen Sitz verlor. „Wir haben unseren Stimmenanteil gehalten – das ist kein Wählerauftrag, in Opposition zu gehen“, sagte er auf SN-Anfrage. Die SPÖ solle nun, wie es auch der Parteivorstand beschlossen habe, „mit allen Parteien faire und offene Gespräche“führen. Auch mit der FPÖ, die von der SPÖ jahrzehntelang als Regierungspartner ausgeschlossen wurde? „Ja“, sagt Cap. Es komme nun darauf an, mit welchem Gesprächspartner es größere Schnittmengen gebe – mit der ÖVP oder mit der FPÖ. In der Sozialpolitik seien die Schnittmengen jedenfalls mit der FPÖ größer, wie man auch bei der letzten Nationalratssitzung vor der Wahl gesehen habe, sagt Cap. Bei dieser Sitzung hat die SPÖ gemeinsam mit der FPÖ und den Grünen, aber gegen die ÖVP, eine Reihe von sozialpolitischen Wohltaten beschlossen.
ÖGB-Chef Erich Foglar gehört zu jenen führenden Sozialdemokraten, die sich sehr gut eine Koalition mit der FPÖ vorstellen können. Auf die gegenteilige Haltung des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl angesprochen, sagt er: „Es gibt genug andere, die eine andere Meinung haben.“Auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger kann sich – „wenn es inhaltlich passt“– gut eine Koalition mit der FPÖ vorstellen. Sigi Pichler, scheidender AK-Chef von Salzburg, bevorzugt eine Koalition mit der ÖVP. Klar für den Gang in die Opposition sind hauptsächlich die Vertreter der Parteijugend und der Parteilinken.
Wobei anzumerken ist, dass Parteichef Kern die seinerzeitige Oppositionsansage nicht als Wunsch äußerte, sondern als seine Einschätzung der Realität: Werde die SPÖ Zweiter, sei eine ÖVP-FPÖ-Koalition unausweichlich, und die SPÖ werde sich automatisch in der Oppositionsrolle wiederfinden.
Die Wiener SPÖ wählt am 27. Jänner einen neuen Parteivorsitzenden. Wer auf Michael Häupl folgen könnte, darüber wird längst spekuliert. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (rechter Parteiflügel) und Parlamentsklubchef Andreas Schieder (linker Parteiflügel) werden schon länger genannt. Nun fallen gerüchteweise immer öfter auch die Namen zweier Frauen: Gesundheitsministerin Pamela RendiWagner (die dem linken Flügel zugeordnet wird) und – wie so oft, wenn in der SPÖ Personalentscheidungen anstehen – Ex-Staatssekretärin Brigitte Ederer. Bewerbungen für das Amt des Wiener SPÖ-Chefs müssen bis zum Dreikönigstag eingebracht werden, die Frist endet drei Wochen vor dem Parteitag. Am 27. Jänner gibt es nur einen Tagesordnungspunkt: die Wahl des/der neuen Vorsitzenden. Die Zeichen stehen auf Kampfabstimmung, bei mehr als zwei Bewerbern könnte es zudem eine Stichwahl geben.