Obelix lenkt durch den neuen Asterix-Band
Im neuen Asterix-Band bekommt Obelix bei einem Rennen durch Italien die Zügel in die Hand.
„Asterix in Italien“, das 37. Abenteuer der gallischen Helden rund um Asterix und Obelix, ist ein rasantes Wagenrennen – und ein Plädoyer für die Bedeutung der Regionen.
Um Obelix brodelt die Gerüchteküche. Es hieß, der Dicke, der gar nicht dick ist, solle im neuen Asterix-Band eine tragende Rolle bekommen. Nun hat er die aber immer schon als Hinkelstein-Lieferant und als liebenswertester und meist unterschätzter Sidekick der Comic-Welt. Aber diese Tage sind gezählt. Eine Wahrsagerin liest aus seiner Hand, dass sie ihn „auf einem geflügelten Wagen“sehe. Und weil Obelix „einem Bauchgefühl“folgend am Markt einen Streitwagen kauft und sich beruflich verändern möchte, kann ein großes Wagenrennen beginnen – tatsächlich hat Obelix die Zügel in der Hand und Asterix ist nur Beifahrer.
Obelix lenkt den Wagen, deckt den Skandal auf, der dieses Rennen begleitet, womit Cäsar bloßgestellt wird, und die Gallier gewinnen. Das ist so logisch, dass man es bedenkenlos verraten kann. Der Rest muss Lese-Abenteuer bleiben.
„Asterix in Italien“, der 37. Band der Serie, nutzt ein gut erprobtes Motiv: Wenn die unbeugsamen Helden unterwegs sind, lässt sich immer eine ganze, kleine Welt erklären. Es geht dieses Mal um ein Rennen durch Italien. Der römische Senat will das fortschrittliche römische Straßennetz preisen. Der Plot des Unterwegs-Seins erinnert stark an den frühen Band „Tour de France“aus dem Jahr 1963. Damals stand das gleichnamige Radrennen Pate – nun sind es legendäre Autorennen wie die Mille Miglia.
Dass Obelix bei diesem Rennen zu dem Schluss kommt: „Ein schönes Land – nur leider gibt’s da viel zu wenig Römer“, hat einen simplen Grund: Dieses Italien besteht aus vielen kleinen Volksgruppen, die von Cäsar nur mit Mühe zusammengehalten werden können. Und freilich sind die regional fest verwurzelten Umbrier oder Etrusker oder Veneter hilfsbereit, wenn es darum geht, der römischen Macht eins auszuwischen. Und so nebenbei erfährt man ihre Eigenheiten und Besonderheiten – von einem schiefen Turm bis zum Wein und zu zerbröckeltem Käse.
„Asterix in Italien“eignet sich leicht als Plädoyer dafür, dass die Summe wunderbar ist, aber eben nichts ohne ihre Einzelteile wäre. Was wäre die Globalisierung, wenn sie nur Einheitsbrei ergäbe? Das Heft ist in schwierigen europäischen Zeiten auch ein Plädoyer für europäische Einheit und Zusammenhalt, die beide aber aus der Stärke der Regionen wachsen. „Die Frage, ob man sich in diesem Wettbewerb solidarisch verhält oder nicht, ob man Gewalt gegen die Gegner ausübt oder das ablehnt, das erinnert mich an die Situation in den verschiedenen Regionen, die nach Autonomie streben“, sagte Texter Jean-Yves Ferri zu Beginn dieser Woche in einem Interview. Dass der Band mitten in den Turbulenzen um die Unabhängigkeit Kataloniens erscheint, ist Zufall. Schon vor zwei Jahren hatten die Planungen für das Heft begonnen. Seit 2013 setzen Texter Ferri und Zeichner Didier Conrad behutsam das Werk von Albert Uderzo fort. „Asterix in Italien“ist ihr drittes gemeinsames Werk. Uderzo hatte sich nach jahrzehntelanger Arbeit an „Asterix“– und zuletzt immer heftigerer Kritik von Fans an der Qualität der Texte – zurückgezogen. Urtexter René Goscinny war bereits 1977 gestorben.
Das größte Vergnügen sind dieses Mal die Zeichnungen. Conrads Bilder fetzen und rasen, wie es sich für ein Rennen gehört. Da fliegen Reifen und Männer. Selten lässt sich so viel Bewegung in einem Comic spüren. Kein anderer Asterix-Band lebte je so massiv von gezeichneter Geschwindigkeit.
Feinheiten gelangen auch dem deutschen Übersetzer Klaus Jöken. Er nennt einen Markt im gallischen Dorf etwa „Celtisches Brauchtum und innovative Technik“– abgekürzt: Cebit. Gustostückerl für Cineasten bei dieser wilden Fahrt ist, dass einer der Wagenlenker den Namen Madmax trägt, der einst in einer der irrsten Rennszenen der Kinogeschichte Grusel bereitete.
Möge mir der Himmel nicht auf den Kopf fallen, aber „Asterix in Italien“gehört nicht zu den besten Bänden der Serie. Es ist aber der eigenständigste und bisher beste der beiden Neuen. Es wird geboten, was Asterix im Kern ausmacht: historische Genauigkeit, raffinierter Witz. Gesellschaftskritik und (pop)kulturelle Querverweise, die man nicht entdecken muss, um Lesevergnügen zu empfinden, deren Dechiffrierung das Vergnügen aber umso größer macht, beim Teutates.