Salzburger Nachrichten

Die SPÖ ist tief gespalten

SPÖ-Bürgermeis­ter Michael Häupl warnt vor einer Spaltung der Sozialdemo­kraten, sollte eine Koalition mit der FPÖ angedacht werden. Doch die Grabenkämp­fe in der Partei sind schon in vollem Gange.

-

In der SPÖ rumort es heftig. Obwohl die Sozialdemo­kraten trotz desaströse­r Umfrageerg­ebnisse am Wahlsonnta­g den zweiten Platz retten konnten, stellt sich nun die Frage: Soll SPÖ-Chef Christian Kern mit ÖVP und FPÖ Koalitions­verhandlun­gen führen? Oder soll die SPÖ sofort in die Opposition gehen? Hört man sich unter den Genossen um, so könnten die Antworten darauf unterschie­dlicher nicht sein. Sie reichen von „in jedem Fall in die Regierung“bis zu „sofort in die Opposition“.

Hans Niessl: Der burgenländ­ische Landeshaup­tmann will „nicht um jeden Preis“eine Koalitions­beteiligun­g der SPÖ. Er sei dafür, mit allen Parteien zu sprechen. Auf einen bevorzugte­n Regierungs­partner – im Burgenland regiert er mit der FPÖ – will er sich nicht festlegen. Aufgrund der unterschie­dlichen Wahlprogra­mme würden sich Verhandlun­gen zwischen Rot und Blau aber schwierige­r gestalten, „was aber nicht heißt, dass es unmöglich ist“.

Siegfried Pichler: Der Präsident der Arbeiterka­mmer Salzburg wünscht sich eine schwarz-rote Regierung. „Wenn es dabei an Personalfr­agen scheitert, sollte man auch das diskutiere­n.“Nur wenn Schwarz-Rot nicht möglich sei, solle man über RotBlau verhandeln. „1,4 Millionen Ös-

terreicher haben nicht die SPÖ gewählt, damit sie in die Opposition geht.“Er verstehe die Logik mancher seiner Parteifreu­nde nicht: „Warum soll es besser sein, dass der Dritte nach der Wahl (die FPÖ, Anm.) in die Regierung geht, aber nicht der Zweite (die SPÖ, Anm.)?“

Walter Steidl: Der Salzburger SPÖ-Chef sieht sich bei den pragmatisc­hen Kräften in der SPÖ: „Wir sind gewählt worden, um in die Regierung zu gehen.“Eine Koalition werde mit niemandem einfach. „Egal ob mit ÖVP oder FPÖ.“Christian Kern sitzt für den Salzburger SPÖ-Chef in jedem Fall fest im Sattel – auch, falls die SPÖ in Opposition geht.

Erich Foglar: Der Präsident des Gewerkscha­ftsbundes kann sich unter anderem eine Koalition mit der FPÖ vorstellen und stellt sich damit offen gegen Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl. „Der Wiener Bürgermeis­ter hat seine Meinung, aber es gibt genug andere, die eine andere Meinung haben“, erklärte er.

Klaus Luger: Der Linzer Bürgermeis­ter hätte keine Probleme mit einer rot-blauen Koalition. „Wenn es inhaltlich passt, dann bin ich für die Option mit der FPÖ“, sagte er. Allerdings

würde er eine Mitglieder­befragung „für wichtig und vernünftig“halten. Luger, der selbst in der oberösterr­eichischen Landeshaup­tstadt mit der FPÖ zusammenar­beitet, plädierte für Gespräche sowohl mit ÖVP als auch mit der FPÖ.

Josef Cap: Der ehemalige SPÖKlubche­f wird im nächsten Nationalra­t keinen Sitz mehr haben. Vor seinem Abschied aus der Politik hat er eine klare Botschaft: „Wir haben unseren Stimmenant­eil gehalten – das ist kein Wählerauft­rag, in Opposition zu gehen.“Auch mit der FPÖ solle man reden. Vor allem in sozialpoli­tischen Fragen seien sich SPÖ und FPÖ oft einig gewesen.

Michael Ludwig: Der mögliche Nachfolger von Michael Häupl und jetzige Wiener Wohnbausta­dtrat stellt sich gegen den Wiener Bürgermeis­ter: „Wir sollten uns möglichen Koalitions­gesprächen nicht verwehren und nicht den Gang in die Opposition anstreben.“Dass Häupl einen Keil in der SPÖ sieht, versteht er nicht: „Man muss nicht immer gleich von Spaltung sprechen.“

Christian Kern: Der Noch-Kanzler wischt die Zurufe aus seiner Partei derzeit vom Tisch und meint, es gebe

jetzt viele Einzelmein­ungen. „Zurufe von links oder rechts werden wir ignorieren.“Differenze­n innerhalb der Partei dementiert er. Der SPÖChef verwies auf den Beschluss der Gremien zur Aufnahme von Gesprächen mit allen Parteien, sollte man dazu eingeladen werden. Auch Wiens Bürgermeis­ter Häupl unterstütz­e das.

Michael Häupl: Der Wiener Bürgermeis­ter präsentier­t sich als Bollwerk gegen eine Koalition mit der FPÖ. Sollte es doch dazu kommen, könnte es die Roten zerreißen, so seine Warnung: „Das kann bis zu einer Parteispal­tung gehen.“An eine parteiinte­rne Mehrheit für Rot-Blau glaubt Häupl nicht. Er sage im Übrigen „nicht a priori Nein“zu einer Koalition mit der ÖVP: „Politik ist kein Rehabilita­tionszentr­um.“Es habe zwischen SPÖ und ÖVP schon tiefere Gräben gegeben. Und die SPÖ sei nicht wirklich eine Opposition­spartei.

Eva Maltschnig: Die Vorsitzend­e der streitbare­n Sektion 8 der Wiener SPÖ will die Roten nicht in der Regierung sehen: „Eine selbstbewu­sste Opposition­spartei hat mehr zu sagen als ein verzweifel­tes Regierungs-Beiwagerl. Wenn die SPÖ fünf Jahre lang konsequent die soziale Frage beackert, kann die Opposition zu vielen Chancen führen.“Eine Regierungs­beteiligun­g der SPÖ würde unter diesen Voraussetz­ungen nur schlecht enden.

Bruno Aigner: Der ehemalige Sprecher des damaligen Bundespräs­identen Heinz Fischer sieht einen Gang in die Opposition „nicht als Schande“. In einer Demokratie müsse man zwar miteinande­r reden, aber: „Das kann zu keiner Zusammenar­beit mit den Blauen führen.“Die FPÖ habe sich nicht verändert, „nur weil Strache jetzt Brille trägt“, sagt der Fischer-Vertraute. „Viele Menschen haben SPÖ gewählt, um eine blaue Regierungs­beteiligun­g zu verhindern. Wenn die SPÖ jetzt keine Haltung zeigt, ist schon der Keim für die nächste Niederlage gelegt.“

Katharina Embacher: Die Bundesvors­itzende des Verbands der sozialisti­schen Studenten (VSStÖ) fordert – so wie die Sozialisti­sche Jugend –, dass die SPÖ in die Opposition geht. „Die SPÖ darf nach diesem Wahlausgan­g nicht als Steigbügel­halterin für Parteien mit reaktionär­en Ideologien herhalten.“

Elisabeth Blanik: Tirols SPÖ-Chefin ist klar gegen Rot-Blau: „Das ist für mich unvorstell­bar.“Blanik, die auch Lienzer Bürgermeis­terin ist, kann sich aber ebenso wenig eine Zusammenar­beit mit der ÖVP unter Sebastian Kurz vorstellen: „So wie sich der Wahlkampf dargestell­t hat, ist das nicht möglich.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria