Die Börsianer sind die Profiteure der falschen Wirtschaftspolitik
Die niedrigen Zinsen wirken wie Morphium für Staaten, die unter hohen Schulden stöhnen, und wie Kokain für die Börsen.
Ronald Barazon In diesen Tagen lösen die Aktienkurse bei den Börsianern Jubelschreie aus.
Der deutsche Aktienindex DAX hat bereits mehrmals die Traummarke 13.000 überschritten. Vor der Finanzkrise lag der Index bei 8000 und stürzte 2008/2009 auf 4000 ab. Auch der Blick nach New York macht Freude: Der Dow Jones hat den Spitzenwert 23.000 erreicht. Zur Erinnerung: Von 13.000 im Jahr 2008 fiel der Wert nach dem Zusammenbruch der LehmanBank unter 7500.
Die Verluste zum Jahreswechsel 2008/2009 waren bis 2013 aufgeholt und seit damals streben die Aktienkurse in die Höhe, als ob es keine Grenze gäbe. Man könnte meinen, die Weltwirtschaft habe in den vergangenen Jahren einen sensationellen Aufschwung erlebt. Dass dies nicht der Fall ist, zeigen die Statistiken überdeutlich. Auch die seit einigen Monaten stattfindende Belebung ist viel zu bescheiden, um die geschilderten Kurse zu rechtfertigen.
Der Boom ist vielmehr eine Folge der katastrophalen Fehler der Wirtschafts- und Währungspolitik.
Die Hauptursache liegt in der Niedrig-, Nullund Minus-Zinsen-Politik der Europäischen Zentralbank. Nachdem Anleihen und Sparbücher seit Jahren so niedrig verzinst sind, dass auch die relativ niedrige Teuerung nicht ausgeglichen wird, kauft das Publikum verstärkt Aktien, aber auch Immobilien und andere Werte.
Da nur wenige Unternehmen an den Börsen notieren, steigen die Aktienpreise dieser Firmen. Die meisten Betriebe sind zu klein, um über die Börse Kapital aufnehmen zu können.
In einer freien Wirtschaft findet Geld stets eine produktive Verwendung und somit sollte auch die Finanzierung der kleinen und mittleren Unternehmen funktionieren. Dies ist aber nicht der Fall, weil die Politik auch hier eingegriffen hat: Die Vergabe von Krediten wurde in den vergangenen Jahren durch umfangreiche Regulierungen drastisch eingeschränkt und so kommen die verfügbaren Mittel nur beschränkt zum Einsatz.
Es ist derart viel Geld in den Unternehmen und Privathaushalten vorhanden, dass sich bei den Banken die Einlagen türmen, obwohl große Summen für den Kauf von Aktien und Immobilien abgezogen werden.
Der dritte Schlag der Politik gegen einen klugen Mitteleinsatz wurde in der Altersvorsorge geführt. Die Kombination aus niedrigen Zinsen und zahllosen, komplizierten Regeln hat die Attraktivität der Lebensversicherung stark verringert, sodass auch der Geldfluss in diesen Bereich zurückgegangen ist.
Paradox: Die fantastischen Kurse an den Börsen sind nicht der Ausdruck einer blühenden Wirtschaft, sondern das Ergebnis einer Politik, die die Wirtschaft bremst.