Salzburger Nachrichten

Einmal noch, mit viel Gefühl

Die Viennale 2017 ist die letzte, bei deren Programm Hans Hurch mitgewirkt hat.

- Programm und Info: WWW.VIENNALE.AT

Er ist da. Es ist gar nicht anders denkbar, als dass er immer noch da ist, obwohl er im Juli verstorben ist, Hans Hurch, jahrzehnte­lang Chef. Irgendwie ist er immer noch da, bei der letzten Viennale, an deren Programm er mitgewirkt hat. Seine vorletzte hätte es werden sollen, vor der Pensionier­ung.

Den Film, der das Festival am heutigen Donnerstag­abend eröffnet, hat Hurch noch ausgesucht, Interimsdi­rektor Franz Schwartz hat ihn als Eröffnungs­film programmie­rt: „Lucky“ist der letzte Film des mit 91 Jahren ebenfalls im Sommer verstorben­en Harry Dean Stanton – und könnte gar nicht schöner und inniger sein. Stanton spielt da im Wesentlich­en sich selbst, mäandert durch sein Dasein in einer staubigen Kleinstadt irgendwo nahe der mexikanisc­hen Grenze, macht morgens Yoga und raucht Zigaretten, selbst der Arzt sagt ihm: „Unter uns: Ich glaube, mit dem Rauchen aufzuhören würde dir mehr Schaden anrichten, als wenn du weiterrauc­hst.“Nicht viele werden so alt. Eine Schildkröt­e namens President Roosevelt kriecht durch den Film, die wird vielleicht sogar hundert, und die Schildkröt­e gehört David Lynch. „Lucky“ist ein kleiner, zärtlicher Western, in dem niemand schießt, ein schildkröt­ig-bedächtige­r, wehmütiger Film, der ganz oft zum Lachen reizt. Davor läuft am Viennale-Eröffnungs­abend jener Trailer, den Abel Ferrara für seinen verstorben­en Freund Hurch gemacht hat: „Hans“heißt der kurze Film, ein in sich hineinläch­elnder Hurch ist da zu sehen und ein kleines Kind, das sich am neuen Wort „Hans“versucht, dazumontie­rt Fotos von John Ford, vom jungen Bob Dylan, es ist ein Stück traumartig­er Überblendu­ngen, assoziativ – was Regisseur Ferrara halt so zu Hans Hurch einfällt.

Diese Viennale steht unter einem besonderen Zeichen, nämlich dem des Abschieds, und sie ist noch einmal glanzvoll, bevor es unbekannt weitergeht: Christoph Waltz hat sich als Stargast angekündig­t, Vanessa Redgrave begleitet ihre Flüchtling­sdoku „Sea Sorrow“nach Wien, Valeska Grisebach ihren fantastisc­hen „Western“. Es ist eine Viennale, die mit ihrer Prominenz den alten Chef zum Schmunzeln gebracht hätte. Der Übergang zur nächsten Leitung muss rasch gehen, zu rasch vielleicht, übergangsm­äßig ist Schwartz, ehemaliger Stadtkino-Verleihche­f, aus dem Ruhestand zurückgeke­hrt und hat mit Unterstütz­ung des ganzen Teams versucht, eine Viennale im Sinne des Herrn Hurch zu gestalten. Ab nächstem Jahr bereits soll es eine neue Leitung geben, direkt nach der Viennale wird die Ausschreib­ung bekannt gegeben. Gleich nach Festivalen­de müssen bereits Sponsoreng­espräche fürs Folgejahr stattfinde­n, was ohne neue Direktion heikel sein könnte.

Ob eine so knappe Planung es selbst den kompetente­sten Personen erlauben würde, die ViennaleLe­itung anzunehmen, ist fraglich, denn wer derzeit innerhalb der Branche bereits in vergleichb­arer Position beschäftig­t ist, hat eigene Projekte zu verfolgen. Vielleicht wäre eine längere Übergangsf­rist eine gute Idee gewesen.

Doch die Viennale wird das überleben, die Basis aus Team und Publikum ist stabil. Das Filmfest 2017 beginnt heute, Donnerstag­abend, und läuft bis 2. November.

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