Endlich einmal selbst der Wolf sein!
Das Salzburger Spielzeug Museum entführt in die Welt der Märchen.
SALZBURG. Schließlich darf jeder einmal zum bösen Wolf werden und sich dabei fotografieren lassen. So endet die neue Ausstellung im Salzburger Spielzeug Museum anders als die meisten Märchen. In diesen wird das Böse am Ende besiegt, umgebracht oder in Gutes verwandelt.
Um Klassiker der Märchen vorzustellen, ist im ersten Stock des Bürgerspitals ein Märchenwald mit kleinen Häusern aufgebaut – ideal für Kinder, wenngleich darauf geachtet wurde, dass auch Erwachsene hineinschlüpfen können. Doch versichert Direktorin Karin Rachbauer-Lehenauer: „Kinder haben bei uns Vorrang!“Und die Ko-Kuratorin Katharina Ulbing konzediert: „Omas und Opas, die’s im Kreuz haben, werden ein Problem kriegen.“
Gleichermaßen problemlos für Jung und Alt lässt sich allerdings die „Prinzessin auf der Erbse“erleben: Auf einer Sitzbank, die als Hörstation dient, liegt unter vier Schichten von Polstern eine erbsengroße Holzkugel. Wer spürt die? Deutlicher wird das beim Testsitz für „Prinzessin auf dem Kürbis“; dafür hat Heinz Janisch vor rund vier Jahren die Version Hans Christian Andersens zum Vorbild genommen – mit dem Unterschied, dass diese Prinzessin nicht zimperlich ist.
Auch wenn allerlei Geschichten neu erfunden würden, „Märchen gehen nicht weg“, sagt Karin Rachbauer-Lehenauer. Diese hätten eine „schöne, archaische Struktur“. Die Geschichten seien Hunderte oder Tausende Jahre alt, die Gebrüder Grimm hätten nur verschriftlicht, was bis dahin mündlich überliefert worden sei. Üblicherweise beginne es mit einem Helden, der nicht begünstigt sei. Der bekomme eine Aufgabe, bei deren Erfüllung Widersacher wie Helfer aufträten – beide könnten magische Wesen sein. Am Ende werde das Böse getötet oder ins Gute transformiert.
Auch mit gleicher Struktur werden Märchen immer wieder anders erzählt – heute etwa weniger grausam als früher. Früher habe in „Schneewittchen“die böse Königin am Ende auf brennenden Schwertern tanzen müssen, so ende die Geschichte heutzutage nur mit einer schönen Hochzeit, sagt Karin Rachbauer-Lehenauer. Aus „Hänsel und Gretel“sei die böse Mutter verschwunden, die aus Gram ihre Kinder in den Wald schicke; heutzutage sei die Mutter oft schwer krank.
Verändert hat sich auch das Frauenbild – etwa weg von der zimperlichen Prinzessin. Im Spielzeug Museum wird von der „Tapferen Schneiderin“erzählt. Und bei Tomi Ungerer düst das Rotkäppchen auf einem Motorroller durch den Wald, fährt dabei den Wolf an, bringt das verletzte Tier zur Großmutter und pflegt es dort so liebevoll, dass der Wolf zahm wird.
Besucher dürfen schauen, hören, tasten, spielen, auch mithelfen – für Schneewittchen Linsen und Erbsen sortieren oder für Aladin etwas auf dem fliegenden Teppich balancieren. Bevor es zur Fotostation geht, liegen Märchenbücher zum Schmökern bereit. Übrigens: Wer gut erhaltene Kinderbücher der Bibliothek des Spielzeug Museums schenken mag, kann per E-Mail unter spielzeug@salzburgmuseum.at Kontakt aufnehmen.
Ausstellung: „Es war einmal – Märchenwelten“, Spielzeug Museum Salzburg, bis 7. Oktober 2018.