Salzburger Nachrichten

Kurz und Kern beruhigen die EU-Partner

Verspreche­n in Brüssel: Österreich werde ein europäisch gesinntes Land bleiben.

- WIEN.

Österreich wird auch nach einem Regierungs­wechsel ein proeuropäi­sches Land bleiben. Dies versichert­en Bundeskanz­ler Christian Kern und sein voraussich­tlicher Nachfolger Sebastian Kurz am Donnerstag in Brüssel. „Österreich wird weiter ein zuverlässi­ger Partner in Europa sein“, sagte Kern im Vorfeld des Europäisch­en Rates – möglicherw­eise des letzten, an dem er teilnehmen wird. In gleichem Sinne äußerte sich Kurz: „Jede Regierung, die ich bilde, wird eine proeuropäi­sche sein“, sagte er bei einem Treffen der Europäisch­en Volksparte­i in Brüssel. Die Begrüßung Kurz’ durch EU-Kommission­spräsident­en JeanClaude Juncker war betont herzlich. Auch EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk äußerte sich positiv: „Gutes Treffen mit Sebastian Kurz heute, einem echten proeuropäi­schen Gewinner der österreich­ischen Wahl“, erklärte Tusk auf Twitter. Die freundlich­e Aufnahme Kurz’ mag auch durch den Umstand bestimmt gewesen sein, dass der ÖVP-Chef so wie Juncker und Tusk der konservati­ven Parteifami­lie entstammt. Die voraussich­tliche Aufnahme der FPÖ in die Regierung hatte in Brüssel Sorge ausgelöst, Österreich könne den Kreis der europäisch gesinnten Länder verlassen. Kurz wird heute, Freitag, vom Bundespräs­identen mit der Regierungs­bildung beauftragt werden.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen geht mit der Zeit. Und nützt moderne Medien. „Morgen werde ich dem Vorsitzend­en der stimmenstä­rksten Partei, VP-Obmann @sebastiank­urz, den Auftrag zur Regierungs­bildung erteilen. (vdb)“, twitterte das Staatsober­haupt am Donnerstag um 13.27 Uhr. Die Bekanntgab­e des endgültige­n Wahlergebn­isses Donnerstag­abend wartete Van der Bellen für diese Bekanntgab­e gar nicht mehr ab.

Das formelle Zusammentr­effen des Bundespräs­identen mit Kurz wird heute, Freitag, um elf Uhr in der Hofburg stattfinde­n. Unmittelba­r danach kann Kurz seine Sondierung­sgespräche mit den anderen Parteien aufnehmen. Dem Vernehmen nach werden die Gespräche sozusagen in umgekehrte­r Reihenfolg­e starten. Kurz will also zuerst mit Peter Pilz, dem Chef der kleinsten Parlaments­fraktion, zusammentr­effen, danach mit Matthias Strolz und erst dann mit Heinz-Christian Strache und Christian Kern. Pilz und Strolz kommen mangels Mandats-Masse zwar nicht als Koalitions­partner infrage, dennoch gibt es mit beiden Wichtiges zu besprechen: Mit Pilz die Fortsetzun­g des Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­sses, mit Strolz die mögliche Kooperatio­n bei Verfassung­sgesetzen. Mit seinen zehn Mandaten kann der Neos-Chef einer möglichen ÖVP-FPÖ-Koalition die nötigen Stimmen für eine Zweidritte­lmehrheit leihen.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bestätigte am Donnerstag, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Mittwoch für ein „privates“Treffen in seiner Wohnung in Klosterneu­burg gewesen sei. In diesem sehr offenen Gespräch sei man sich menschlich näher gekommen.

Auch FPÖ-EU-Abgeordnet­er Harald Vilimsky ließ am Donnerstag in die blauen Karten blicken. Und dieser Blick legt den Schluss nahe, dass einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ keine unüberwind­baren Hinderniss­e entgegenst­ehen. Auf allfällige Bedingunge­n der FPÖ für eine Regierungs­beteiligun­g angesproch­en nannte Vilimsky in einem APA-Gespräch lediglich das Innenresso­rt. Zwar fordere die FPÖ daneben auch noch das Außenminis­terium – aber das sei eben nur eine „Forderung“, keine „Bedingung“. Befragt, ob er glaube, dass die ÖVP von der FPÖ ein Bekenntnis zur EU verlangen werde, antwortete Vilimsky, dass „die Freiheitli­chen die erste Europapart­ei“in Österreich gewesen seien. Vilimskys Aussagen können als Vorleistun­g an Kurz verstanden werden, der am Donnerstag in Brüssel betont hatte, nur eine „proeuropäi­sche Regierung“anführen zu wollen.

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