Peter Pilz: „Mir ist die grüne Partei wurscht“
Kommt eine schwarz-blaue Regierung? „Mr. U-Ausschuss“wartet mit seiner neuen Liste jedenfalls schon im Parlament auf sie.
Kommt jetzt eine schwarz-blaue Regierung? Der „Mr. U-Ausschuss“wartet mit seiner neuen Liste jedenfalls schon im Parlament auf sie.
Peter Pilz ist müde, aber zufrieden. Nach seinem Abgang von den Grünen, einem anstrengenden Wahlkampf und dem Einzug ins Parlament mit der Liste Pilz gibt sich der 63-Jährige kämpferisch. SN: Wann haben Sie realisiert, dass Sie wieder ins Parlament einziehen? Peter Pilz: Ich hatte nie Zweifel. Ich mache keine Sachen, von denen ich nicht 100-prozentig überzeugt bin. SN: Wieso gingen Sie nicht einfach nach 31 Jahren im Parlament in Pension? Die Gabi Moser und mich haben die Grünen mitten im Eurofighter-UAusschuss abgewählt. Und dann ist meine Mailbox übergegangen. Der Tenor war: „Ihr müsst da weitermachen.“Es war einfach noch zu viel offen. Und dann war klar, dass wir schnell handeln müssen. Wenn wir zu lange darüber nachgedacht hätten, hätten wir das nicht gemacht. SN: Kein persönlicher Ehrgeiz? Erstens macht es mir Spaß, zweitens bin ich offenbar eines der wenigen Nachwuchstalente in der österreichischen Politik und drittens möchte ich für mein Land arbeiten und ihm auch etwas von dem zurückgeben, das es mir gegeben hat. SN: Kein bisschen Schadenfreude gegenüber den Grünen? Nein, gar nicht. Ich war überrascht, dass die grüne Partei rausgeflogen ist, und es tut mir auch wegen der Mitarbeiter und Mandatare leid. Aber mir ist die grüne Partei mitt- lerweile wurscht. Die Partei ist schon lange erstarrt. Seit Jahren ist dort alles verknöchert und bürokratisiert. Den ganzen Tag machte man sich dort nur Gedanken über Sprachregelungen und Parteilinien. SN: Und Ulrike Lunacek konnte das nicht aufhalten? Sie hätte einen Neustart wagen müssen. Das ist nicht passiert und damit war das Ende besiegelt. Wäre ich geblieben, wäre vielleicht das Schlimmste verhindert worden – mehr nicht. SN: Sie haben keine Fehler gemacht? Nein. Ich habe versucht, einen konstruktiven Richtungswechsel innerhalb der grünen Partei voranzutreiben. Ich habe mir die Finger wund geschrieben, um die ehemaligen Parteifreunde zu überzeugen. Mehr kann man nicht machen.
„Ich bin offenbar eines der wenigen Nachwuchstalente in der Politik.“
SN: Denken Sie, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Ihr Ex-Chef bei den Grünen, sauer auf Sie ist? Über einen Bundespräsidenten spekuliert man nicht, das gebietet die große Achtung vor dem Amt. SN: Wie viele Grüne haben Ihnen gratuliert? Sehr viele, vor allem aus den Bundesländern. SN: Was wollen Sie anders machen? Niemand gibt die Linie vor. „Z’samreden“soll die Devise sein. Auch wenn es länger dauert. Wir arbeiten gerade ein Papier zum Thema Flüchtlinge aus, das kann auch noch etwas länger dauern, bis wir uns einigen. Aber dafür hält das. SN: Also keine One-Man-Show, wie der Name der „Liste Pilz“verspricht? Sicher nicht. Wir haben genügend gute Leute. Wir verstehen uns nicht als Partei und wollen keinen starren Rahmen. Es wird keinen Klubzwang geben. Und wegen des Namens: Irgendwann kommt ein neuer, für uns alle. Jetzt war die „Marke Pilz“notwendig, weil die Menschen mich kennen und mir vertrauen. SN: Sie hatten kein wirkliches Programm. Kommt jetzt eines, damit Ihre Positionen im Parlament klar sind? Das ist ein Missverständnis. Viele Leute glauben, dass ein Wahlprogramm – diese 20 Seiten bedrucktes Altpapier – das ist, was Parteien brauchen. Aber das nimmt ja keiner ernst. Das fangen wir gar nicht erst an, wir entwickeln etwas Neues. Wir planen eine Reform nach der anderen und werden um jede wie in einem Wahlkampf kämpfen. SN: Es gibt aber Punkte, mit denen die Liste Pilz im Wahlkampf aufgefallen ist, etwa mit der Forderung nach einem Gesetz für aktive Sterbehilfe, also Tötung auf Verlangen. Da haben sich Einzelpersonen geäußert, das ist kein Standpunkt der Liste Pilz. Bei solchen Grundfragen gibt es verschiedene Meinungen, die alle ihre Berechtigung haben. SN: Werden Sie grüne Themen übernehmen? Wir sehen uns als Gegenpol zu einer rechten Politik. Die Grünen haben da versagt, das machen jetzt wir. Und in der Klimapolitik werden wir einspringen, selbstverständlich. SN: Was ist Ihr Ziel? Wir wollen bei der nächsten Wahl eine neue Mehrheit im Parlament gegen Schwarz-Blau schaffen. Die Menschen werden schon bald feststellen, dass die „neue Gerechtigkeit“die alte Ungerechtigkeit ist. Gemeinsam mit einer erneuerten SPÖ könnten wir gegen eine rechte Regierung gewinnen. Wir warten schon im Parlament. Wenn die Frei- heitlichen sich wieder am Staatsbudget bedienen, dann werde ich da sein. Und wenn Kurz versucht, die Republik an die Konzerne auszuliefern, dann warte ich schon SN: Sie meinten im Wahlkampf, dass die Parteien zu viel Geld bekommen. Jetzt stehen der Liste Pilz bis zu 4,8 Millionen Euro zu. Werden Sie das Geld nehmen? Wir werden damit etwas Neues machen. Wir werden nicht in Plakate und Parteiapparate investieren, sondern in neue Ideen, in vernetzte Initiativen und Medien. SN: Wird die Liste Pilz bei Landtagswahlen antreten? Das müssen wir uns noch ansehen, vielleicht unterstützen wir die eine oder andere Initiative.