Im Klischee leben Krimihelden einsam
Mit „Schneemann“wurde zum ersten Mal ein Krimi aus der Harry-Hole-Reihe von Bestsellerautor Jo Nesbø verfilmt.
Nur wenn es geschneit hat, schlägt er zu. Die Frauen, die er entführt und ermordet, haben sich allesamt dem Ideal hingebungsvoller Mutterschaft verweigert. Und wo eine verschwunden ist, steht ein perfekter kleiner Schneemann und starrt vorwurfsvoll grinsend in die Gegend: Der Mörder in der Krimiverfilmung nach Jo Nesbøs „Schneemann“unter der Regie von Tomas Alfredson verhält sich genauso, wie sich Serienmörder in Krimiverfilmungen gern verhalten, hinterlässt ganz spezifische plakative Hinweise, der Ursprung seines Mordens liegt selbstverständlich in einem falsch verstandenen Kindheitstrauma. Und der ermittelnde Kriminaler, wie sollte es für Skandinavien anders sein, säuft zu viel, hat eine sagenhafte Intuition und ist sehr einsam. Es tut wohl, sich in so ein vertrautes Krimiklischee einzu- kuscheln, es ist fern jeder Politik, und da dies eine internationale Produktion ist, sind fast alle Figuren bis hin zu kleinen Nebenrollen besetzt mit vor allem englischsprachigen Stars: Val Kilmer, J. K. Simmons, Charlotte Gainsbourg, Toby Jones, Rebecca Ferguson. Das alles hat ein wenig den Anstrich eines aufwendig produzierten Fernsehkrimis, in dem deutsche Schauspieler als Commissario Brunetti und ViceQuestore durch Donna Leons Venedig stapfen, oder Kenneth Branagh als Kommissar Wallander durch Malmö wandert und Opern hört.
Besonders Michael Fassbender mit seinem modellierten Körper und dem Porzellangebiss als der versoffene, sich vernachlässigende Polizeiermittler Harry Hole ist ganz und gar unglaubwürdig, und da ist es dann auch schon wurscht, wenn der Film entscheidende Teile – wie findet Hole Hinweis X, wie entdeckt er Leiche Y? – einfach überspringt, um endlich zum Showdown zu kommen.
Um das Label Jo Nesbø zu erhalten – der Name des Autors steht für millionenfach verkaufte Thriller – geht das Drehbuchteam über Leichen, der Film hetzt von einer Wendung zur nächsten, streut ein wenig wohlfeile Gesellschaftskritik ein bis hin zum Finale Brutale. Das kann man alles schon machen, und es ist großteils auch recht geschmackvoll anzusehen. Aber der Gedanke, dass Fassbender nun in der Rolle alle zwei Jahre einen Wiederauftritt im Kino hat, bis das ganze schwache Dutzend Nesbø-Krimis adaptiert ist, macht ein wenig müde.