Ein Traum von einem Film: „Träum was Schönes“
Etwas in seinem Leben ist kaputtgegangen, schon früh. Er war neun Jahre alt, als seine Mama gestorben ist. Und bis heute, als Mittvierziger, kann Massimo (Valerio Mastandrea) nicht glauben, dass das Leben auch Liebe für ihn bereithält: Mit „Träum was Schönes“hat Marco Bellocchio den autobiografischen Bestseller „Fai bei sogni“des Journalisten Massimo Gramellini verfilmt.
Der Inhalt ist schnell erzählt: Ein Bub verliert seine Mutter, sie hat ihn ein letztes Mal zugedeckt, ihm zugeflüstert: „Träum was Schönes“, bevor sie in der Nacht stirbt. Sein Leben lang quält Massimo der Verlust, keine Haushälterin, keine Tante kann ihm die Zärtlichkeit geben, die er braucht und die ihm sein in Trauer erstarrter Vater vorenthält.
Der erwachsene Massimo wird Sportreporter bei einer großen Tageszeitung, später Kriegsberichterstatter, er begegnet einer Frau (Bérénice Bejo), doch er bleibt ängstlich und in sich verkrochen, gebückt vor dem Leben und dem, was passieren könnte. Und erst, als er nach dem Tod seines Vaters die alte Wohnung ausräumt, damit sie verkauft werden kann, versteht er, was damals wirklich passiert ist.
Was „Träum was Schönes“zu einem Kinoerlebnis macht, ist die spezielle Textur des Films: Streckenweise monologisieren einzelne Figuren, wie um Partien des Buchs zusammenzufassen, dann wieder sind da traumartige Szenen: Was passiert wirklich? Wer stirbt, welche Frau erinnert an wessen Mutter? Immer dann, wenn der Film ins Rührselige abzugleiten droht, wenn Massimo an einen frustrierten Leserbriefschreiber eine tief empfundene Antwort über Mutterliebe und die Devise „Nutze den Tag!“formuliert, ernüchtert ein kleiner sarkastischer Hieb. Bellocchios Film bleibt unvorhersehbar, ein merkwürdiges quecksilbriges Ding, in dem eine Albtraumfigur namens Belphégor eine Rolle spielt: In jenen Horrorfilmen, die sich der kleine Massimo an seine Mama gekuschelt angesehen hatte, war Belphégor ein furchterregender Wiedergänger, doch immer wenn Massimo als Kind und auch später beruhigender Verlogenheit begegnet, betet er: „Rette mich, Belphégor!“, denn was hier passiert, dass eine Mutter einfach stirbt, das kann doch nur ein schlechter Traum sein. Dieselbe beklemmende, aber unvergessliche Intensität hat auch Bellocchios Film. Film: