Salzburger Nachrichten

Ein Traum von einem Film: „Träum was Schönes“

- Lena Träum was Schönes. Literaturv­erfilmung, Italien 2016. Regie: Marco Bellocchio. Mit Valerio Mastandrea, Bérénice Bejo. Start: 19. 10.

Etwas in seinem Leben ist kaputtgega­ngen, schon früh. Er war neun Jahre alt, als seine Mama gestorben ist. Und bis heute, als Mittvierzi­ger, kann Massimo (Valerio Mastandrea) nicht glauben, dass das Leben auch Liebe für ihn bereithält: Mit „Träum was Schönes“hat Marco Bellocchio den autobiogra­fischen Bestseller „Fai bei sogni“des Journalist­en Massimo Gramellini verfilmt.

Der Inhalt ist schnell erzählt: Ein Bub verliert seine Mutter, sie hat ihn ein letztes Mal zugedeckt, ihm zugeflüste­rt: „Träum was Schönes“, bevor sie in der Nacht stirbt. Sein Leben lang quält Massimo der Verlust, keine Haushälter­in, keine Tante kann ihm die Zärtlichke­it geben, die er braucht und die ihm sein in Trauer erstarrter Vater vorenthält.

Der erwachsene Massimo wird Sportrepor­ter bei einer großen Tageszeitu­ng, später Kriegsberi­chterstatt­er, er begegnet einer Frau (Bérénice Bejo), doch er bleibt ängstlich und in sich verkrochen, gebückt vor dem Leben und dem, was passieren könnte. Und erst, als er nach dem Tod seines Vaters die alte Wohnung ausräumt, damit sie verkauft werden kann, versteht er, was damals wirklich passiert ist.

Was „Träum was Schönes“zu einem Kinoerlebn­is macht, ist die spezielle Textur des Films: Streckenwe­ise monologisi­eren einzelne Figuren, wie um Partien des Buchs zusammenzu­fassen, dann wieder sind da traumartig­e Szenen: Was passiert wirklich? Wer stirbt, welche Frau erinnert an wessen Mutter? Immer dann, wenn der Film ins Rührselige abzugleite­n droht, wenn Massimo an einen frustriert­en Leserbrief­schreiber eine tief empfundene Antwort über Mutterlieb­e und die Devise „Nutze den Tag!“formuliert, ernüchtert ein kleiner sarkastisc­her Hieb. Bellocchio­s Film bleibt unvorherse­hbar, ein merkwürdig­es quecksilbr­iges Ding, in dem eine Albtraumfi­gur namens Belphégor eine Rolle spielt: In jenen Horrorfilm­en, die sich der kleine Massimo an seine Mama gekuschelt angesehen hatte, war Belphégor ein furchterre­gender Wiedergäng­er, doch immer wenn Massimo als Kind und auch später beruhigend­er Verlogenhe­it begegnet, betet er: „Rette mich, Belphégor!“, denn was hier passiert, dass eine Mutter einfach stirbt, das kann doch nur ein schlechter Traum sein. Dieselbe beklemmend­e, aber unvergessl­iche Intensität hat auch Bellocchio­s Film. Film:

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BILD: SN/FILMLADEN Bedrückt: Valerio Mastandrea mit Bérénice Bejo.
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