Kurz stellt Weichen für schwarz-blaue Regierung
Die Parteichefs von ÖVP und FPÖ streuen einander in einem ersten Treffen Rosen. Es gilt als denkbar, dass in diesen Tagen bereits die Koalitionsverhandlungen beginnen.
Die Sondierungsgespräche haben gerade erst begonnen, die Zeichen stehen aber bereits jetzt eindeutig auf Schwarz-Blau. ÖVPChef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigten sich nach einem ersten Annäherungstreffen am Wochenende durchaus angetan voneinander. Man habe ein „äußerst positives und gutes Gespräch“geführt, betonte Kurz, und auch Strache ist „guter Dinge“, zu Koalitionsverhandlungen eingeladen zu werden. Der FPÖChef sprach von einem „atmosphärisch sehr, sehr guten Gespräch“. Laut Kurz vertritt Strache eine Partei, die am Wahltag ebenfalls „deutlich gestärkt“worden ist. Er habe jedenfalls das „sehr starke Gefühl“, dass bei der FPÖ Veränderungsund Gestaltungswille, aber auch „Verantwortungsbewusstsein“herrschten, streute Kurz dem blauen Parteichef Rosen. Als Wunschpartner wollte Kurz die Freiheitlichen aber vorerst nicht bezeichnen. Auch wollte der ÖVPChef ein informelles Gespräch abwarten, das er am Sonntagabend mit SPÖ-Chef Christian Kern führte. Kurz und Kern sprachen danach von einem „konstruktiven Treffen“. Kern rechnet fix mit Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ und einer schwarz-blauen Regierung. Die Folgen für die SPÖ: „Wir werden uns ab morgen auf die Opposition und auf unsere Rolle im Parlament vorbereiten“.
Lachende Gesichter, freudiges Händeschütteln, positive Aussagen über das Gesprächsklima: Betrachtet man die Rahmenbedingungen, unter denen am Wochenende eine persönliche Annäherung zwischen ÖVP-Wahlsieger Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach der Wahl stattgefunden hat, kann man davon ausgehen: Österreich wird in den kommenden Jahren von einer schwarzblauen Koalition regiert.
Da saßen zwei Parteichefs an einem Tisch, die deutlich betonten, an den „notwendigen und gewünschten“Veränderungen interessiert zu sein. Da nahm ein schmeichelweicher FPÖ-Chef Platz, der sich „freuen würde, wenn die Freiheitlichen“zu Verhandlungen eingeladen werden würden. Und auch Bedingungen, wie etwa die Besetzung des Innenministeriums durch einen blauen Politiker, wurden diesmal nicht in den Mund genommen. „Dies wäre kein guter Stil“, sagte Strache.
Dass sich diese beiden Parteien in Sachthemen gut verstehen, ist keine Überraschung. Von der Sicherung der Grenzen bis zur Abschiebung von illegal eingereisten Flüchtlingen, von Maßnahmen gegen den Islamismus bis zur Abschaffung der kalten Progression: ÖVP und FPÖ können miteinander. Aufhorchen ließ Strache lediglich mit der Bemerkung, dass sich seine Partei „nicht zu billig hergeben“würde: Es gebe zwar mit der ÖVP inhaltliche Überschneidungen, aber auch Unterschiede, und „da und dort auch rote Linien“. Was eine rote Linie sein könnte, darüber hüllte sich Strache in Schweigen. Möglicherweise geht es doch um das von Blau sehr begehrte Innenministerium, in dem derzeit Wolfgang Sobotka (ÖVP) an der Spitze steht. Allerdings wollen nach wie vor auch die Gerüchte nicht verstummen, wonach der stets pointierte und für Überraschungen gute Innenminister ins Amt des Ersten Nationalratspräsidenten weggelobt werden soll.
Mögliche Stolpersteine für eine schwarz-blaue Regierung? Sebastian Kurz wird bei den Verhandlungen über Ministerämter die FPÖ sicher nicht „über den Tisch ziehen“können. In der FPÖ weiß man aus eigener schmerzhafter Erfahrung nur allzu gut, wie man an der Seite eines populären Kanzlers und einer dominanten ÖVP abstürzen kann. Und auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen stellt – vor allem für die FPÖ – einen Unsicherheitsfaktor dar. Würde der einstige Grün-Politiker alle von den Freiheitlichen nominierten Personen goutieren?
Die SPÖ scheint sich indes mit Schwarz-Blau im Bund abgefunden zu haben. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) – er ist auch Stellvertreter von Christian Kern – rechnet damit, dass noch in dieser Woche Kurz, der sich bereits auch mit Neos-Chef Matthias Strolz und Peter Pilz getroffen hat, Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ aufnehmen wird.