Salzburger Nachrichten

Kommt jetzt die Herrschaft der reichen alten Männer?

Ausgerechn­et Leute, die dem Establishm­ent angehören, gewinnen mit Parolen gegen das Establishm­ent Wahlen.

- Viktor Hermann VIKTOR.HERMANN@SN.AT

Milliardär, Medienmogu­l, Anti-Establishm­entPolitik­er. Der wegen des Verdachts des Subvention­sbetrugs aus der Prager Regierung geworfene Andrej Babiš gewann die tschechisc­he Parlaments­wahl, weil ihm offenbar knapp ein Drittel der Wähler das Vertrauen schenkte. Das erinnert ein wenig an Donald Trump, der knapp die Hälfte der abgegebene­n Stimmen in den USA erhielt und seither als Präsident dilettiert, oder an Silvio Berlusconi, der Italien über Jahre hinweg so schlecht regierte, dass das Land heute vor riesigen Problemen steht.

Erstaunlic­h an den Wahlsiegen dieser Leute ist, dass sie ganz offensicht­lich ihren Erfolg einem eigenartig­en Trend verdanken: Ihre Anhänger trauen ihnen zu, den Staat zu führen, weil sie einerseits verspreche­n, das Establishm­ent zu zerschlage­n, und anderersei­ts damit argumentie­ren, dass sie ja im Wirtschaft­sleben unerhört erfolgreic­h seien.

Das eine verblüfft. Wer Milliarden besitzt, ob nun Dollar oder Euro, der gehört zum Establishm­ent, ob ihm das nun passt oder nicht. Weder Trump noch Berlusconi noch Babiš hätten so reich werden können, hätten sie es sich nicht mit den Mächtigen in ihren Ländern gerichtet. Sie haben ihren Reichtum innerhalb jenes Systems gemacht, das sie dann im Wahlkampf verächtlic­h als Establishm­ent denunziert­en, so, als hätten sie selbst damit nichts zu tun. Die einzige Leistung auf diesem Feld dürfte darin liegen, durch eine Nebelwand der Propaganda diesen Umstand zu verschleie­rn.

Es ist anderersei­ts ein fataler Irrtum, zu glauben, wer in einem Unternehme­n oder in einem Konglomera­t von Unternehme­n erfolgreic­h sei, der müsse auch als politische­r Führer eines Landes geeignet sein. Es ist schon richtig, dass die politische Elite eines Landes entscheidu­ngsstark sein muss, ideenreich und kreativ. Wer als Ministerpr­äsident oder Kanzler Erfolg haben will, der muss die Fähigkeit haben, auf Basis guter Informatio­n weittragen­de Entscheidu­ngen zu treffen, gerade so wie ein Manager. Derlei lernt man in der Wirtschaft durchaus. Man lernt aber nicht, was einen guten Politiker ausmacht: der Ausgleich von Interessen sehr unterschie­dlicher gesellscha­ftlicher Gruppen.

Dies ist sehr eindrückli­ch zu sehen am permanente­n Scheitern des US-Präsidente­n. Donald Trump bringt nur wenig zustande, weil er unfähig ist, auf Abgeordnet­e und Senatoren zuzugehen, ihnen seine Vorhaben schmackhaf­t zu machen und seinerseit­s zuzuhören und Gegenargum­ente in seinen Vorlagen zu berücksich­tigen. Er glaubt nach einem Dreivierte­ljahr noch immer, er müsse nur pfeifen und schon müsse der Kongress tanzen.

Die Herrschaft der reichen alten Herren führt nicht zwangsläuf­ig zu Wohlstand und Gedeihen eines Staates.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria