Der gefeuerte FBI-Chef meldet sich zurück
Twitter-Botschaft von James Comey enthält aktuelle Anspielungen auf Präsident Donald Trump.
WASHINGTON. Das Foto wirkt wie eine Ikonographie: Eine endlose Landstraße durch abgeerntete Felder im ländlichen Iowa. Auf dem Asphalt steht ein schlaksiger Mann mit Sonnenbrille und verschränkten Armen. „Auf dem Weg nach Hause. Ich muss weiterschreiben“, kommentiert er bei Twitter. Was wie eine Urlaubserinnerung aus der Kornkammer der USA anmutet, ist tatsächlich Teil eines Versteckspiels mit hochpolitischer Brisanz. Den Tweet hat nämlich ein gewisser Reinhold Niebuhr gepostet. Obwohl der Theologe schon 1971 verstorben ist, hat sein Alter Ego bei Twitter inzwischen weit mehr als 100.000 Follower. Kein Wunder: Das Straßenfoto zeigt eindeutig James Comey, den von US-Präsident Donald Trump im Mai gefeuerten FBI-Direktor. Schon lang unken Eingeweihte, der gedemütigte Spitzenbeamte werde nicht einfach lautlos verschwinden. Ein Auftritt bei einer Senatsanhörung verschaffte einen ersten Eindruck von der unerschütterlichen Entschlossenheit des 2,03 Meter großen Juristen. Im Wahlkampf hatte er die demokratische Kandidatin Hillary Clinton mit einer Rüge für deren E-Mail-Affäre sehr verärgert. Nun schilderte er eindrucksvoll, wie Trump ihn wegen der Untersuchung möglicher Russen-Kontakte unter Druck setzte, und bezichtigte den Präsidenten offen der Lüge. Bald folgte die Nachricht, dass Comey an einem brisanten Erinnerungsbuch arbeite.
Darauf nimmt der jüngste Twitter-Eintrag Bezug. Ein Freund Comeys bestätigte am Montag, dass sich der 56-Jährige hinter dem Pseudonym „Reinhold Niebuhr“verberge. In einer Seminararbeit für die Uni hatte Comey einst Niebuhrs christlichen Realismus im Gegensatz zu kommunistischen Utopien und nationalistischen Anmaßungen herausgearbeitet – in der „America First“-Ära Trumps eine hochaktuelle Botschaft. Das Pseudonym ist nicht der einzige Fingerzeig. Immerhin meldete sich Comey am Wochenende nach langem Schweigen mit einem Selfie im Maisfeld ausgerechnet aus Iowa, dem ersten Bundesstaat bei den Präsidentschaftsvorwahlen, zu Wort. Schon spekulieren Auguren über höchste politische Ambitionen. Einstweilen feierte der Ex-Beamte in Des Moines freilich den 90. Geburtstag seines Schwiegervaters. Comey liebt offenbar das Versteckspiel mit doppeltem Boden.