Einmal durch die Hölle und zurück
Von der biederen Gewerkschaftsbank zum Großspekulanten in den USA und der Karibik. Die Geschichte der Bawag ist reich an Wendungen. Nach der Beinahe-Pleite setzt sie zum größten Börsegang in Wien an.
Welch weiten Weg eine Bank in einem knappen Jahrhundert zurücklegen kann, lässt sich kaum besser dokumentieren als am Beispiel der Bawag. Im Jahr 1922 als Arbeiterbank gegründet, bringen sie die jetzigen Eigentümer 2017 an die Wiener Börse. Dazwischen liegt eine höchst wechselvolle Geschichte, die vor allem in der jüngeren Zeit höchst turbulent verlief. An der Wiege der Arbeiterbank in den Anfangsjahren der Ersten Republik stand die Idee, die Gelder der Gewerkschaften und der Konsumgenossenschaften zu verwalten.
Dieser Ambition wurde schon im Jahr 1934 ein abruptes Ende gesetzt – im Ständestaat wurde die Bawag zwangsweise liquidiert. 1947 erstand die Arbeiterbank wieder auf – mit unverändertem Auftrag vom Österreichischen Gewerkschaftsbund neu gegründet. Ihren heutigen Namen erhielt die Bank für Arbeit und Wirtschaft erst im Jahr 1963. Im Selbstverständnis war man die Bank des kleinen Mannes, der Schwerpunkt lag auf dem Geschäft mit Spareinlagen. Drei Jahrzehnte später war die Bank – geführt von Walter Flöttl – schon in ganz anderen Gefilden unterwegs. Die damals noch lukrativen Geschäfte in der Karibik musste die Bawag 1994 auf Druck der Aufsicht stoppen. Sie wurden unter Flöttls Nachfolger Helmut Elsner bald wieder aufgenommen, die Saat für den späteren Niedergang war gelegt.
Dazu kam 1995/96 der Zusammenbruch des Konsum. Für die Bawag als dessen Hausbank war dies ein schwerer Schlag, zumal der Konsum neben dem ÖGB der zweitgrößte Anteilseigner war. Man fand in der Bayerischen Landesbank – die Jahre später als zwischenzeitlicher Hauptaktionär der Hypo Alpe Adria ein entscheidender Mitspieler im dunkelsten Kapitel in Österreichs Bankengeschichte war – einen Käufer für den Konsum-Anteil. Im Jahr 2000 gelang dem Bawag-Management der große Coup – man sicherte sich für 1,3 Mrd. Euro den Zuschlag bei der Privatisierung der Oesterreichischen Postsparkasse. Doch im Hintergrund braute sich ein Wirbelsturm zusammen, Wolfgang Flöttl setzte Hunderte Millionen Euro in den karibischen Sand, die Bawag konnte nur bilanzieren, weil der ÖGB für sie garantierte. 2004 verabschiedeten sich die Bayern wieder, ihr Interesse verlagerte sich bekanntlich nach Kärnten. Im Herbst 2005 holt die Bawag ihre Vergangenheit ein, man leiht dem US-Broker Refco, der zwischenzeitlich Miteigentümer der Bank, aber wieder ausgestiegen war, Hunderte Millionen Euro – kurz darauf ist Refco pleite. 2006 ist schließlich das Jahr des Offenbarungseids für die Bawag, an deren Spitze mittlerweile der heutige Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny steht. Man muss nachträglich hohe Verluste und dubiose Geschäfte mit Offshore-Firmen einbekennen. Das kostet nicht nur die Bawag-Vorstände, sondern auch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch den Job. Die Bank kann nur gerettet werden, weil der Bund mit Kapital und einer Garantie einspringt. Damit ist aber auch das Schicksal der Bawag besiegelt, der ÖGB muss die Bank verkaufen. Das Rennen macht der US-Fonds Cerberus, der für 90 Prozent der Bank 2,6 Mrd. Euro hinlegt und 600 Mill. Euro einschießt, der Rest landet bei in- und ausländischen Investoren. Fünf Jahre später steigt mit Golden Tree ein zweiter USFonds bei der Bawag ein. Schon damals war klar, dass sich die US-Investoren später von ihren Anteilen wieder trennen würden.
Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen. Mit der Bawag kommt eine sanierte, schlankere, hoch profitable und im Onlinegeschäft gut positionierte Bank an die Börse, sie erzielte 2016 fast 500 Mill. Euro Gewinn. Die beiden Haupteigentümer ziehen sich auf rund 55 Prozent zurück und kassieren dafür rund zwei Mrd. Euro. Mit dem bisher größten Börsegang in Wien schlägt die Bawag ein neues Kapitel in ihrer Geschichte auf. Gleichzeitig geht damit ein anderes zu Ende – die der Zusammenarbeit von Post und Bawag PSK. Beide waren zuletzt nicht mehr glücklich mit ihrer Kooperation. Die Bawag sucht nun ihr Heil in der Erweiterung ihres eigenen Filialnetzes und die Post ist auf der Suche nach einem neuen Partner, der wohl aus dem Ausland kommen wird. Wie ein sichtbares Zeichen des Aufbruchs und der Trennung von der Post wird die Bawag Ende 2018 auch das historische Gebäude der Postsparkasse verlassen und zum Hauptbahnhof übersiedeln. Ein idealer Ausgangspunkt für eine neue Reise.