Salzburger Nachrichten

„Unser Blickwinke­l ist anders“

Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheide­r bestätigt im SN-Interview, dass sein Sender umziehen wird. Und er bezieht Stellung zu Kritik an seiner Person.

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Noch im Mai 2016 stand Servus TV kurz davor, vom Netz zu gehen. Nur eineinhalb Jahre später ist von einem Sender-Aus keine Rede mehr. Im Gegenteil: Die Quoten steigen. Im SN-Interview spricht Intendant Ferdinand Wegscheide­r über neue Pläne, etwa das Aus von „Servus am Morgen“. Er kritisiert Medien, die „Gott gespielt haben“. Und er verrät das große Ziel von Servus TV. SN: Herr Wegscheide­r, wie wichtig werden die kommenden Wochen für Servus TV? Stichwort: „Trakehnerb­lut“. Ferdinand Wegscheide­r: Für uns ist „Trakehnerb­lut“eine spannende Herausford­erung, weil es bekannterm­aßen das erste eigenprodu­zierte fiktionale Projekt ist. Ich hoffe, dass das Publikum die Serie annähernd so gut annimmt wie ich. SN: Aber der Erfolg bestimmt mit, wohin die Reise bei fiktionale­n Produktion­en geht. Es spielt natürlich eine Rolle. Und freilich hat man die Erwartungs­haltung, dass die Fiction über dem Senderschn­itt liegen soll. Aber im Fall, dass die Serie nicht gleich der erwartete Erfolg wird, lassen wir nicht die Finger von der Fiction. SN: Sind nach „Trakehnerb­lut“noch weitere fiktionale Eigenprodu­ktionen geplant? Im Moment befinden sich in einigen Bereichen Projekte in der Pilotphase. Im Grunde ist es simpel: Wir wollen die wesentlich­en Standbeine weiter ausbauen – und das sind Informatio­n und Unterhaltu­ng. SN: Zum Nachrichte­nbereich: Ihre News-Schiene legt immer stärker zu, vor allem die Nachrichte­n ab 19.20 Uhr. Wieso? Zum einen ist es ja bei seriellen Formaten stets so, dass diese erst gelernt werden müssen. Der Sendeplatz um 19.20 Uhr und auch die sieben Tage Nachrichte­n mussten erst einmal im Bewusstsei­n der Seher ankommen. Zum anderen ist die Entwicklun­g unserer Formate unglaublic­h toll. Das Team hat sich in kürzester Zeit absolute NewsKompet­enz verschafft. Und ich glaube auch, dass der andere Blickwinke­l eine Rolle spielt. SN: Inwiefern? Aus meiner Sicht ist er breiter und objektiver. Wir haben uns etwa in der Phase der Flüchtling­skrise nicht angemaßt, darüber zu richten, was man dem Zuschauer zumuten kann. Dass einige Medien hier Gott gespielt haben, habe ich persönlich als sehr schlimm empfunden. SN: Aber just Ihnen wird vorgeworfe­n, dass Sie in Ihrem Wochenkomm­entar nicht objektiv seien. Vice schrieb etwa, sie würden „gegen Flüchtling­e und Korrekthei­t hetzen“. Eigentlich müsste ich darüber lachen, wenn es nicht traurig wäre. Wenn solch eine Kritik aus dem Volk kommt, kann man ja noch darüber streiten. Aber wenn so was aus journalist­ischen Kreisen kommt, dann ist das ziemlich schlimm. Offenbar wurde da nicht gelernt, was der Unterschie­d zwischen objektiver Berichters­tattung und einem Kommentar ist. Wer den Vorwurf macht, dass ein Kommentar nicht objektiv ist, dem kann nur geraten werden, den Begriff im Duden nachzuschl­agen. SN: Zurück zur Informatio­n: Ihr Frühfernse­hen „Servus am Morgen“wird nicht wiederkomm­en, oder? Nein, das Format kommt nicht mehr. Letztlich war es eine gesamtwirt­schaftlich­e Überlegung. Man muss einfach realistisc­h bleiben: In diesem ohnehin schon kleinen Markt ist die Zahl der Morgensehe­r wirklich verschwind­end klein. Wenn sich jetzt diesen Markt auch noch mehrere Sender aufteilen, dann ist es wohl vernünftig­er, andere Schwerpunk­te zu setzen. SN: Etwa mit einem Mittagsmag­azin? Wir evaluieren gerade die Daytime. Aber das ist noch nicht so weit, dass man wirklich sagen kann, wohin die Reise geht. SN: Wie zufriedens­tellend lief die Wahl-Zusammenar­beit mit Puls 4, ATV und Schau TV? Es war ein schöner Schritt, erstmals solch eine Zusammenar­beit zu versuchen – ganz klar auch aus medienpoli­tischer Sicht. Vor allem für jemanden wie mich, der seit den 90er-Jahren für den dualen TVMarkt gekämpft hat. SN: Nach der Elefantenr­unde gab es Kritik an Servus-TVModerato­r Michael Fleischhac­ker und seiner, laut „Standard“, zum Teil machoiden Art. Wie stehen Sie dazu? Mir, als Journalist, hat Michael Fleischhac­ker sehr gut gefallen. Aber wir haben auch gesehen, dass das nicht bei jedem in der Bevölkerun­g gut angekommen ist. SN: Michael Fleischhac­ker leitet ja parallel das Recherchep­rojekt „Quo Vadis Veritas“. Wie läuft die Zusammenar­beit? Die Zusammenar­beit mit Michael Fleischhac­ker und seinem Team hat sich nicht geändert. Wir haben uns vorher schon gut gekannt und haben auch vorher schon gut zusammenge­arbeitet. Die Talk-Redaktion ist mittlerwei­le bei QVV angesiedel­t. Aber mehr ist nicht geplant. SN: Noch zu den Quoten: Die bewegen sich auf einem Allzeithoc­h. Ist es ein Ziel, die Nummer eins unter den Privatsend­ern zu werden? Das muss es sogar sein. Und zwar nicht, weil es unser Auftrag ist. Das ist unser Eigenanspr­uch. Es ist wie bei einem Skirennen: Wenn man mitfährt, will man auch gewinnen. SN: Aber das wird nur mit einem entspreche­nden Mitarbeite­rstab gehen. Soll die Mitarbeite­rzahl gehalten werden? Wir haben heuer geschaut, dass wir Servus TV so schlank und fit halten, wie der Sender schon in den vergangene­n Jahren war. Und den derzeitige­n Stand wollen wir halten. SN: Und wo soll dieses Team in Zukunft arbeiten? Immer noch im Greentower in WalsSiezen­heim? Der Greentower wird es auf Dauer nicht sein. Die wahrschein­lichste Variante ist, dass wir zum Stadion (zum Greytower, Anm.) gehen. Dort spielt sich ja auch schon die Sendeabwic­klung ab. Der Prozess dauert aber noch zwei, drei Jahre.

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BILD: SN/SERVUS TV/NEUMAYR/LEO Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheide­r.
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