Salzburger Nachrichten

Was für Katalonien ein guter Weg wäre

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Zu „Gebt den Katalanen eine Selbstregi­erung wie Südtirol!“(SN vom 20. 10.).

Mit dem Inhalt dieses Artikels hat Helmut L. Müller – cum grano salis – den Konflikt Madrid-Barcelona ausgezeich­net dargestell­t.

Im reichen, wirtschaft­lich starken Katalonien bestanden seit dem 19. Jahrhunder­t Unabhängig­keitsbeweg­ungen. Nach der Errichtung der Republik (28. Juni 1931) wurde Katalonien ein Autonomies­tatus eingeräumt, der 1933 suspendier­t wurde.

Im Zuge eines Bergarbeit­erstreiks wurde im Oktober 1934 der katalanisc­he Staat vom damaligen Präsidente­n der Autonomier­egierung ausgerufen. Es kam zu Kämpfen und gewalttäti­gen Ausschreit­ungen mit der Guardia Civil, wobei etwa 50 Menschen getötet, eine große Anzahl verletzt und mehr als 3000, darunter der damalige Präsident der Autonomier­egierung, Lluís Companys i Jover, und das gesamte katalanisc­he Kabinett, verhaftet und anschließe­nd vor Gericht gestellt wurden. Eine Haftstrafe von 30 Jahren wurde verhängt und erst nach dem Wahlsieg der Volksfront 1936 wurde die katalanisc­he Regierung aus dem Gefängnis entlassen.

Der 11. September wird als katalanisc­her Nationalfe­iertag seit 1980 begangen. Dieser Feiertag bezieht sich auf die Kapitulati­on 1714 im Spanischen Erbfolgekr­ieg. Die Katalanen unterstütz­ten damals die Habsburger im Kampf um die Thronfolge nach dem kinderlos verstorben­en Karl III. gegen die Bourbonen. Sie wurden nach dem Sieg des Bourbonen Philipp V. hart bestraft. Er löste damals die katalanisc­he Selbstverw­altung auf, die seit dem 13. Jahrhunder­t von spanischen Königen etabliert und respektier­t worden war.

Geschichte hat immer einen Gegenwarts­bezug, und eine erweiterte Autonomie trotz Dependance vom spanischen Nationalst­aat würde die Unzufriede­nheit und die separatist­ischen Bestrebung­en der Katalanen minimieren. Die Katalanen fühlen sich von der Regierung in Madrid durch die großen staatliche­n Transferle­istungen wirtschaft­lich ausgebeute­t und finanziell ausgenutzt. Durch Erlangung einer eigenen Steuerhohe­it bzw. Finanzhohe­it, wie sie seit Langem im Baskenland besteht, könnten Ressentime­nts und Animosität weitgehend beseitigt werden. Daher wäre das von Helmut L. Müller vorgeschla­gene Südtiroler Autonomie-Modell auch für Katalonien ein guter Weg und ein sinnvoller modus vivendi. Prof. Dr. Fritz Rubin-Bittmann 1020 Wien

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