Merkwürdigkeiten rund um Allerheiligen
Das Gedenken an die Heiligen und Toten ist zwischen Zwickeltage, Modeschauen und Halloween geraten.
Wenn viele von uns morgen, Mittwoch, auf Friedhöfen stehen und der Verstorbenen gedenken, dann auch deshalb, weil Allerheiligen ein Feiertag ist und wir am eigentlichen Totengedenktag Allerseelen wieder arbeiten müssen. Es hat sich so eingebürgert, dass an den Gräbern weniger die Heiligen und Seligen, denen der Tag eigentlich gewidmet ist, als die toten Vorfahren im Mittelpunkt stehen. Wie auch immer, es tut sehr gut, sich zumindest ein Mal im Jahr damit zu beschäftigen, woher man kommt und wohin man geht.
Dass manche aus dem Grabbesuch zu Allerheiligen eine kleine Modeschau machen wollen, halte ich für verschmerzbar. Sehen und gesehen werden ist bestimmten Leuten so wichtig wie das Amen im Gebet. Sollte man sie deshalb vom Friedhofsbesuch ausschließen? Nein. Hauptsache, sie sind da. Egal ob schön oder weniger schön gekleidet.
Es gibt auch Menschen, die an diesem Tag weder an Heilige noch an arme Seelen denken, sondern in erster Linie an sich selbst und ihre Freizeit. Die ist diesmal durch eine kalendarische Gunstlage besonders leicht zu erlangen. Urlaubsarithmetische Experten haben ausgerechnet, dass im Gespann mit dem jüngsten Nationalfeiertag bereits vier schulautonome Tage genügen, um insgesamt elf Tage Ferien herauszuholen. Die kann man dann irgendwo verbringen, nicht bei nationalen Gedenkfeiern oder familiären Grabesrunden.
Eine besondere Merkwürdigkeit rund um den 1. November ist Halloween. Es hat nichts mehr mit dem ursprünglich aus dem katholischen Irland stammenden vielfältigen Brauchtum in der Nacht vor Allerheiligen zu tun. Auf dem Umweg über die USA zu uns gekommen sind in der stillen Zeit des Nachdenkens große, laute Partys in gespenstischen Kostümen und Kindergruppen, die von Haus zu Haus gehen und Süßes verlangen, ansonsten es Saures gebe. Im Gegensatz zum Anklöpfeln oder Sternsingen, bei dem Kinder und Jugendliche singen, Gedichte aufsagen und gemeinsam musizieren, müssen sie als verkleidete Halloween-Geister nichts können außer sagen: „Trick or treat.“Das ist nun doch ein bisschen wenig.
Trotz aller Turbulenzen bleibt Allerheiligen eine wunderbare Gelegenheit, sich vor allem bei jenen herzlich zu bedanken, denen wir unsere Existenz verdanken. An sie sollten wir in erster Linie freundlich denken, dann sind Zwickeltage, verlängerte Ferien, Modeschauen und Halloween verziehen.