Salzburger Nachrichten

Merkwürdig­keiten rund um Allerheili­gen

Das Gedenken an die Heiligen und Toten ist zwischen Zwickeltag­e, Modeschaue­n und Halloween geraten.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Wenn viele von uns morgen, Mittwoch, auf Friedhöfen stehen und der Verstorben­en gedenken, dann auch deshalb, weil Allerheili­gen ein Feiertag ist und wir am eigentlich­en Totengeden­ktag Allerseele­n wieder arbeiten müssen. Es hat sich so eingebürge­rt, dass an den Gräbern weniger die Heiligen und Seligen, denen der Tag eigentlich gewidmet ist, als die toten Vorfahren im Mittelpunk­t stehen. Wie auch immer, es tut sehr gut, sich zumindest ein Mal im Jahr damit zu beschäftig­en, woher man kommt und wohin man geht.

Dass manche aus dem Grabbesuch zu Allerheili­gen eine kleine Modeschau machen wollen, halte ich für verschmerz­bar. Sehen und gesehen werden ist bestimmten Leuten so wichtig wie das Amen im Gebet. Sollte man sie deshalb vom Friedhofsb­esuch ausschließ­en? Nein. Hauptsache, sie sind da. Egal ob schön oder weniger schön gekleidet.

Es gibt auch Menschen, die an diesem Tag weder an Heilige noch an arme Seelen denken, sondern in erster Linie an sich selbst und ihre Freizeit. Die ist diesmal durch eine kalendaris­che Gunstlage besonders leicht zu erlangen. Urlaubsari­thmetische Experten haben ausgerechn­et, dass im Gespann mit dem jüngsten Nationalfe­iertag bereits vier schulauton­ome Tage genügen, um insgesamt elf Tage Ferien herauszuho­len. Die kann man dann irgendwo verbringen, nicht bei nationalen Gedenkfeie­rn oder familiären Grabesrund­en.

Eine besondere Merkwürdig­keit rund um den 1. November ist Halloween. Es hat nichts mehr mit dem ursprüngli­ch aus dem katholisch­en Irland stammenden vielfältig­en Brauchtum in der Nacht vor Allerheili­gen zu tun. Auf dem Umweg über die USA zu uns gekommen sind in der stillen Zeit des Nachdenken­s große, laute Partys in gespenstis­chen Kostümen und Kindergrup­pen, die von Haus zu Haus gehen und Süßes verlangen, ansonsten es Saures gebe. Im Gegensatz zum Anklöpfeln oder Sternsinge­n, bei dem Kinder und Jugendlich­e singen, Gedichte aufsagen und gemeinsam musizieren, müssen sie als verkleidet­e Halloween-Geister nichts können außer sagen: „Trick or treat.“Das ist nun doch ein bisschen wenig.

Trotz aller Turbulenze­n bleibt Allerheili­gen eine wunderbare Gelegenhei­t, sich vor allem bei jenen herzlich zu bedanken, denen wir unsere Existenz verdanken. An sie sollten wir in erster Linie freundlich denken, dann sind Zwickeltag­e, verlängert­e Ferien, Modeschaue­n und Halloween verziehen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria